Garrulus glandarius

Ich mache Tiktok auf, wo ich mir normalerweise nur noch Filmchen von Leuten ansehe, denen ich schon länger folge, der Rest ist mir einfach zu schrecklich und politisch längst in zu wahnsinnige Richtungen abgedreht. Heute lande ich versehentlich doch einmal auf der „For you“-Page und sehe nach der üblichen Werbung für die Nazipartei filmisch dargestellte Judenwitze, eine Bildsprache wie aus den 30ern. Und das reicht mir dann auch, ich lösche die App.

Ich möchte da nicht mitmachen, nicht einmal als Klickvieh, und ich denke, man hat die Wahl. Und falls Sie übrigens Kinder haben und glauben, Tiktok sei diese App mit den netten, lustigen Filmchen – Sie liegen dermaßen falsch.

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Der Eichelhäher, Garrulus glandarius, kommt jetzt viel öfter auf den Balkon, er sieht fast stündlich nach den Erdnüssen. Ich habe also mehr Gelegenheit, ihn mir anzusehen, es ist immerhin ein besonders schöner Vogel, diese blauschwarz schillernden Applikationen an den Flügeln sind doch wahnsinnig apart. Der Oktober ist seine Hauptsammelzeit, lese ich online nach, er legt jetzt seine Vorräte für den Winter an. Mehrere Kilos an Nüssen und Eicheln sind es, die er versteckt und auch zuverlässig wiederfindet, bis in den Frühling hinein. Und elf Eicheln auf einmal kann er in Kropf und Schnabel transportieren, das hätte ich aus seinem Verhalten auf dem Balkon allerdings nicht ableiten können, nimmt er doch stets nur in großer Ungeduld eine einzelne Erdnuss mit.

17 Jahre kann er alt werden, lese ich noch. Vielleicht kennt dieser Vogel auf dem Balkon, der jetzt gerade durch das Fenster prüfend zu mir hereinsieht, ob ich nicht vielleicht bald mal aufstehe und freundlicherweise endlich Nüsse nachlege, die Söhne schon ihr ganzes Leben lang. Stark.

Im Bild heute noch einmal ein herbstlicher Blick über die Binnenalster, in Richtung Jungfernstieg. Nicht zu erkennen ist auf dem Foto das Blaulicht vor den Häusern, da lief in dieser Stunde nämlich gerade schon wieder eine Demo durch. Diesmal allerdings ohne Nahost-Bezug, es waren vielmehr die letzten Versprengten der Querdenker, die nun mit Putin nett verhandeln wollen, vermutlich weil er als so überaus kooperativer, friedliebender Mensch bekannt ist.

Blick durch Hwerbstlaub über die Binnenalster auf den Jungfernstieg, im Hintergrund das Rathaus, auch im Bild die Alsterfontäne

Sie sehen auf dem Bild auch diese Zweige vorne – die erinnern mich an eine Szene aus der Zeit, als ich gerade erst nach Hamburg gezogen war, damals. Da stand ich einmal am Ufer der Außenalster und fotografierte mit neu erworbener Kamera die blaue Fläche vor mir, als ein älterer Mann auf einem Rad neben mir kurz anhielt, nur gerade eben so lang, wie er brauchte, um mich im denkbar unfreundlichsten Lehrertonfall äußerst herablassend anzuschnauzen: „Vordergrund macht Bild gesund!“ Einen Zeigefinger mahnend erhoben, versteht sich, mit dem er dann auch noch verdeutlichend auf die Alster und auf mich zeigte. Stieg dann auf und fuhr kopfschüttelnd und Unverständliches pöbelnd weiter.

Was ich nur erzähle, um daran zu erinnern, dass es so ein Kommentarverhalten auch schon vor dem Internet gab. Es fiel nur wesentlich seltener auf.

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2 Kommentare

  1. Sie wiesen ja schon mal darauf hin, ich finde es total erstaunlich: Ich nutze jeden Tag kurz TikTok und hatte glaube ich noch nie einen politischen Inhalt auf meiner ForYou.

  2. Grad habe ich bei Ihnen über diese „Zwerge vorne“ gelesen – und tatsächlich gleich einen (so nen dunklen) in den Zweigen sitzend entdeckt. Aber auch ohne Zwerge ein sehr schönes Foto!

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