Tuesday afternoon

Die Herzdame hatte Geburtstag, ich überreichte am Morgen etliche Rosen. Die Rosensorte hieß Moody Blues, ich wies beiläufig auf die Band hin, drei zu junge Familienmitglieder sahen mich leer an – und dann darf man ja keine spontanen Vorträge halten, weil man nicht noch sonderlicher als ohnehin schon wirken möchte. Es ist manchmal nicht einfach.

Es gibt da sogar ein Lied zur Tageszeit, fällt mir ein, es passt gerade:


Tuesday afternoonI’m just beginning to seeNow I’m on my wayIt doesn’t matter to meChasing the clouds away.

Na ja. Das entspricht textlich nicht exakt der Situation hier, aber egal.

Die Söhne gingen dann zur Schule, die Herzdame und ich waren mittags in einem Restaurant. Die Bedienung dort sprach kein perfektes Deutsch, sie fragte nach dem Essen in liebenswertester Weise bemüht: „Haben Sie gut geschmeckt?“ Diese Frage haben wir sehr gemocht, mehr noch als das Essen.

Am Montagnachmittag habe ich dann drei Stunden still auf dem Sofa gelegen und Bach gehört. Die letzten Wochen waren mir nennendwert zu anstrengend, in meinem Hirn fand die dringend notwendige Resteverwertung von angerissenen Gedankenschnipseln, halbgaren Ideen, allerlei unausgegorenen Einfällen und halbdeutlichen To-Dos der Zukunft statt. Ich ließ das alles brodeln und abspulen und gab mich möglichst unbeteiligt, wie so ein ausgebuffter Meditationsprofi.

Das hat zwar etwas geholfen, gegen alles sozusagen, aber es kommt mir doch deutlich so vor, als müsste ich das etwa ein Quartal lang täglich wiederholen, wenn es sich nachhaltig positiv auswirken sollte. Und wer hätte die Zeit dazu.

Weitersuchen also, nach Möglichkeiten und Auswegen, immer weitersuchen.

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Den letzten Kolumnen-Text des Jahres abgeschickt. Und in dem Moment, in dem ich am frühen Dienstagmorgen auf „Send“ klickte, gingen auf der Straße vor dem Haus die ersten Silvesterdinger hoch, die zu dieser Jahreszeit immer irgendwer verfrüht aus dem Keller kramt oder schon neu Gott weiß woher neu bekommen hat. Pyrotechnologia praecox.

Der nächste Text für die Zeitung erscheint dann schon in diesem, Moment … 2024, ja, so wird es heißen. Na, auf die geraden und attraktiven Zahlen ist auch kein rechter Verlass mehr, wie wir alle spätestens seit 2020 wissen. Davon lassen wir uns nicht mehr blenden.

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Im Bild die Skulpturen „Mann und Frau“ von Stephan Balkenhol. Sie stehen vor der Zentralbücherei und blicken am Hauptbahnhof vorbei unentwegt auf die Innenstadt, und vorbildlich stoisch ertragen sie ihre Rolle als Selfie-Hintergrund für Büchereibenutzerinnen und Touristenschwärme.

Die großen Skulpturen "Mann und Frau" vor der Zentralbücherei

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6 Kommentare

  1. Alles Gute zum Geburtstag (nachträglich) an die Herzdame von ihrem Geburtstagszwilling und die besten Wünsche für das neue Lebensjahr!

    Liebe Grüße, Ina

  2. Eigentlich mag ich die ungeraden Jahre lieber, 2023 war bisher in Summe durchaus brauchbar und hatte seine schönen Momente. Über 2021 brauchen wie genauso wenig zu sprechen wie über 2020 …

  3. Bachs Musik zu hören ist in schwierigen Zeiten auch für mich wohltuend und hilfreich.
    Liebe Grüße und alles Gute

  4. So gut es mir privat auch geht, so wenig bin ich in der Lage, mein Befinden vom Weltgeschehen abzukoppeln. Und deshalb geht es mir eher nicht sehr gut, ich habe Sorgen und Ängste und bin nicht unglücklich darüber, alt zu sein und deshalb vielleicht nicht mehr erleben zu müssen, was unseren Nachkommen blühen mag.

    Mir ist es leider nicht gegeben, die Wolken zu vertreiben.

    Dennoch wünsche ich frohe Festtage

  5. Ich muss bei Moody Blues immer an einen Menschen denken, der den Namen der Band voller Inbrunst als Muddi Blues aussprach. Und es war immer klar, um welche Band es ging. Auch weil die Liebe zu der Band so groß war.

    Alles Liebe an die Herzdame!

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