Ich denke immer noch auf den Wendepunkten im Leben herum, siehe mein Text von gestern dazu. Wenn man einmal anfängt!
Ein Anruf vor vielen Jahren, meine Mutter am Telefon. Ich hatte gerade mit Ach und Krach Abitur gemacht und hing etwas planlos im Leben herum, frisch angekommen in Hamburg. Sie fragte, ob ich ein paar Stunden im Büro aushelfen könne, es gebe da gerade Arbeit. Klar, sagte ich, denn Geld war in der Phase auch so ein Problem, wie bei fast allen jungen Menschen. Es wollte dummerweise nicht vom Himmel fallen, ebenso wenig wie die klugen Ideen für den Rest des Lebens. Ich war äußerst unschlüssig, was aus mir Tolles und Besonderes werden sollte.
Ich ließ mir also den Weg erklären und fuhr hin und fing an. Dreimaliges Umsteigen in fremder Großstadt ohne Mobiltelefon und Navigation, das waren damals noch Abenteuer, liebe Kinder. Viele von uns gingen bei so etwas verloren und tauchten nie wieder auf.
Das ist jedenfalls deutlich mehr als dreißig Jahre her und ich arbeite da immer noch. Ich könnte dieses Telefonat also recht treffend als Wendepunkt deklarieren, denke ich. Es kommt hin, wenn auch ohne jede Dramatik, man braucht keine Special-Effects, um das zu inszenieren.
Und allmählich habe ich übrigens das Gefühl, die Arbeit dort wird gar nicht weniger. Wieviel Zeit auch immer man damit zubringt. Das habe ich damals nicht unbedingt erwartet, ich dachte zunächst eher, ich arbeite da mal eben etwas ab, ein paar Wochen lang vielleicht. Es kam mir in den ersten Tagen damals ein wenig vor wie „Wir spielen Büro“, das weiß ich noch, und das ist übrigens ein Gefühl, das ich seltsamerweise nie ganz verloren habe. Ich merke es heute noch manchmal, wenn auch nicht mehr allzu oft.
Und an guten Tagen ist es sogar ein interessantes Spiel, heute wie damals. Aber auf Dauer zieht es sich doch etwas.
In einer Komödie könnte man jetzt ein zweites Telefonat mit meiner Mutter, die selbstverständlich schon seit Jahrzehnten in Rente ist, einbauen, in dem sie beiläufig nach meiner Arbeit fragt und dann etwas irritiert sagt, dass ich da ja auch allmählich mal aufhören könnte. Und ich sage okay, und ich mache das dann einfach. Nach wie vor unschlüssig, was den Rest des Lebens betrifft, aber immerhin mit etwas mehr Geld als damals.
Na, wie auch immer. In einem Drehbuch wäre das okay, in der Wirklichkeit wäre es deutlich problematischer.
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damals gab es ja auch keine söhne, die auf essen und ausbildung hoffen. die dynamik kommt da von ganz allein, ohne spielleiter. man hat träume und pläne, als paar mit kindern ist es schön, aber auch mehr verantwortung als damals nach dem abi.
Was ich immer wieder Jüngeren erkläre: eine wie große Rolle der Zufall im Leben spielt. Nicht, daß alles reine Glückssache wäre, aber eben doch viel Gelegenheiten erkennen und ergreifen, oder eben verpassen, und daß das eigentlich allen so geht.
Ich finde immer interessant, dass Wendepunkte oft auch mit Menschen zu tun hat, mit denen man arbeitet oder seine Freizeit verbringt. Und plötzlich kommt der Wendepunkt oder die Kreuzung und die Personen sind weg. Da gab es einige in meinem Leben.
Gruß Katrin
Oh, Herr Buddenbohm!
Gerade mit dem Räuberinnenvater im Café zum mondän großstädtischen Frühstück in einer kleinen Stadt angetreten und die Wartezeit mit Ihrem Text verkürzt. Räuberinnhaft schallend gelacht beim Entdecken der Ähnlichkeiten im eigenen Lebenslauf eben nur eine Generation später. Vielen Dank!
Das mit der technikbasierten Umstiegshilfe ist allerdings wirklich eine Hilfe.