In den Zeiten der permanenten Updates

Am Abend wieder in der Kafka-Biografie weitergelesen. Er geht da in einem Brief an Felice Bauer gerade überraschend vom Sie zum Du über, das war damals ein einigermaßen spektakulärer und kühner Schritt. Und er wartet dann in äußerster Spannung, ob sie das Du im Antwortbrief auch erwidern wird. Keineswegs kann er sich sicher sein und man muss es sich als nervenzerfetzende Spannung vorstellen, als kaum auszuhalten und auch schlafraubend. Es zerlegt Kafka förmlich. Wobei er auch nicht eben schwer zu zerlegen war, schon klar.

Ich bin jedenfalls alt genug, diese Situation noch gut verstehen zu können. Ich habe es noch jahrelang erlebt, dieses tagelange, vielleicht sogar wochenlange Warten auf eine Briefantwort einer Angebeteten. Und ich kenne auch noch, wie Kafka, wie alle Briefschreiberinnen der vergangenen Jahrhunderte, die eher irrationale Überlegung, ob nicht doch ein Brief verloren gegangen sein könnte. Und was hätte nicht alles in diesem verschollenen Brief stehen können! Fast unangenehm deutlich erinnere ich mich. Später kam dann das Warten auf Briefe von anderen dazu, von Behörden etc., und das war manchmal leider auch spannend, meist aber ohne jede Vorfreude.

Und ja, dieses Warten war anstrengend. Überhaupt, wieviel Zeit wir damals mit dem Warten verbracht haben, immer wieder dieses endlose Warten. Warten auf Briefe und Postkarten, auf irgendeinen Besuch oder auf einen rettenden Anruf am Abend. Man könnte seitenlang nur über das Sitzen vor dem Telefon schreiben und über den unvorstellbaren Schreck, wenn es dann tatsächlich klingelte, diese dramatische Herzbeschleunigung. In der Serie Friends gab es dazu einmal eine gute Szene, einigen wird sie jetzt spontan einfallen.

Fast unvorstellbar ist das alles schon geworden, in unseren Zeiten der permanenten Updates zu allem. Und dies schreibe ich, gerade fällt es mir auf, mit einem aktuellen Paketzustellungsverlauf im Browser. Es sind noch vier Zustellungsstopps. Ich könnte aktualisierten, dann sind es vielleicht nur noch drei.

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Phänologischer Kalender der großen Stadt: Es gab den ersten frühsommerlichen Abend mit Outdoor-Party um die Ecke, mit besoffenem Johlen, hysterischem Lachen, lauter Musik, mitgesungenen Krachern etc., bis hin zu etwas, das wohl ein erstaunlich klangstarkes Wettrülpsen junger Männer war. Diese Jahreszeit wieder.

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