Ich fuhr mit dem Zug nach Lübeck und nach wenigen Stunden zurück, ein Abendtermin in der Heimatstadt. Beide Züge fuhren auf die Minute pünktlich, waren nur mäßig voll, sauber und mit funktionierenden Toiletten ausgestattet. Das Personal war nett, die Sitznachbarinnen schweigsam, die digitalen Anzeigen korrekt, gerne wieder. Für einen Blogbeitrag gibt eine dermaßen gut laufende, bzw. rollende Bahn allerdings wenig her. Es war alles okay, das kann man fast einsilbig abtun: Jo. Dazu ein beifälliges, anerkennendes Nicken, das war es dann schon.
Nur der junge Mann neben mir, der leise telefonierte und mit dem Menschen am anderen Ende zweifelnd diskutierte, ob die Elbe auch durch Dresden fließe oder nicht, der ist vielleicht eine Erwähnung wert. Zumal er in fast rührendem Lokalpatriotismus endete mit: „Aber dann ist sie da bestimmt schmaler als in Hamburg!“
Ich hörte mich, immer noch angeregt durch die Truffaut-Sendung im Deutschlandfunk, während der beiden Zugfahrten durch einige Playlists mit französischen und italienischen Soundtracks zu älteren Filmen. Durch Stücke, die nicht zur Landschaft da draußen passten, nicht zu den wenig attraktiven Unterwegsbahnhöfen Bad Oldesloe oder Reinfeld. Michel Legrand in der norddeutschen Tiefebene, das ist eine Verbindung, für die man mehr Fantasie braucht, als ich an dem Tag zur Verfügung hatte.
Am Bahnhof Lübeck-Moisling, der mir auf der Strecke neu war, da hielt früher kein Zug, da gab es gar nichts, wie ich schon wieder krückstockfuchtelnd anmerken möchte, stand groß „Kill your ego!“ auf die Lärmschutzwand gesprüht.
Aber welches, fragten sich die Stimmen in meinem Kopf, als wir dort vorbeifuhren, eine kurz aufflammende interne Debatte. Wer ist hier eigentlich was, wer hat daran den größten Anteil und wer muss dann zuerst raus. So stellt man sich Zen-Momente auch nicht vor.
Kurz und nur im Vorbeifahren, aus dem Auto meines Bruders heraus, habe ich dann später die Lübecker Sehenswürdigkeiten gesehen. Die bekannten Kennzeichen der Stadt, das Holstentor, die alten Häuserzeilen an der Trave, die Salzspeicher etc., die Türme. Die Bilder, die Sie vermutlich auch im Kopf haben, wenn Sie an Lübeck denken, selbst wenn Sie die Stadt nicht näher kennen. Backsteinfassaden, Treppengiebel, so etwas.
Ich sah den Turm der Marienkirche, neben der ich einmal gewohnt habe, deren Glocken mich an Sonntagen geweckt haben. Den Turm der Jacobikirche, in der ich getauft wurde. Postkartenschnipsel mit Bezug, die nebenbei anfielen.
Das könnte man sich alles auch wieder einmal in Ruhe ansehen, dachte ich, es ist ausreichend lange her. Na, irgendwann einmal.
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Am Montagmorgen merke ich, dass wir am Wochenende größere Mengen Gartenerde mit den Schuhen in der Wohnung auf dem Parkett verteilt haben. Es ergibt ein etwas rustikales Gehgefühl, wie in einem Ferienhaus an der Nordsee in Strandnähe kommt mir dieses Knirschen vor, es hat auch etwas. Es führt aber zu früher Hausarbeit, so beginnt die Woche wieder mit rastlosem Fleiß und Emsigkeit, eine Hausfrau aus dem letzten Jahrhundert ist nichts dagegen. Man muss sich Punkte geben, wo man nur kann.
Die Wetter-Apps versprechen uns sieben Tage Regenwetter. Der Freundeskreis Schrebergarten guckt enthusiasmiert und lehnt sich etwas zurück. Es wird wachsen, es wird alles wachsen.
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