Ich höre am Morgen ein Zeitzeichen über Habermas, „Großdenker der Frankfurter Schule“ (15 Minuten). Was auch ein wenig lustig ist, da sich die Kulturszene in meiner Stadt gerade bei einem Streit über die „Hamburger Schule“ zerlegt hat. Daran waren aber eher keine Philosophen beteiligt.
(Kleiner Spaß nebenbei: „Stadtnamen + Schule“ googeln, auch ein Ranking der Städte in diesem Land.)
Ich weiß nun sicher nicht genug über Habermas. Wie ich bei der Philosophie insgesamt eher erbärmlich schwache Kenntnisse habe, ich bin nie mit dieser Wissenschaft warm geworden. Schon mehrmals im Leben habe ich gedacht, das müsste mich eigentlich interessieren. Einfach so herumdenken, das müsste doch passen, also mach doch mal. Studiere das doch mal, lies das doch mal alles nach. Und dann zündete es aber jeweils nicht.
Ich konnte mich immer nur mit Teilchen der Denkgebäude halbwegs begeistert befassen, nie mit den komplexeren Theorien, nie mit den Mühen der Ebene. Vermutlich auch eine Frage der Konzentrationsfähigkeit, meine Grundschullehrerin hat es damals ja gleich gesagt. Aber egal.
Herr Habermas wird da jedenfalls zitiert mit dem Satz: „Indem wir miteinander sprechen, begeben wir uns auf Konsenssuche.“ Darauf wollte ich kurz hinaus.
Ich habe leider nicht genau verstehen können, wie alt dieser Satz von ihm ist, ich nehme aber an, er hat ihn in den 60ern gesagt oder geschrieben. Er klingt ein wenig abgehangen, dieser Satz. Es muss eigentlich so sein. Denn es ist ein Satz, nicht wahr, bei dem man sofort und allerdings ohne adäquaten Tiefgang anmerken möchte, dass das doch heute kein Schwein mehr so sagen würde, nach ein paar Jahren Internet, Twitter, Politpodcasts und Talkshowformaten.
Es kommt einem, es kommt zumindest mir mittlerweile eher abwegig vor, das so edel zu sehen, wie es Habermas formuliert hat. „Indem wir miteinander reden, bemühen wir uns um die Durchsetzung unserer Meinung.“ So würde man es in diesen Zeiten vermeintlich treffender formulieren wollen. Der Satz beschreibt auf diese Weise umgestaltet die Welt doch etwas erkennbarer. Die Konsenssuche als Relikt der Vergangenheit.
Wenn Sie viel auf Social Media herumlungern, werden Sie da in den letzten Tagen vehemente Diskussionen gesehen haben, oder nein, keine Diskussionen, eher Kommentarwürfe und Meinungshagelschauer, die das so zu bestätigen scheinen. Von Konsensfindung oder auch nur Bemühungen in diese Richtung keine Spur.
Aber wie gesagt, es ist nicht mein Fachgebiet. Und wenn es um die Historie der Sprache des Menschen geht, ist der Gedanke sicher richtig. Wir haben uns vermutlich abgestimmt und den Konsens gesucht, bei der Großwildjagd und beim gemeinsamen Sammeln von leckeren Beeren und so. Früher.
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Außerdem gehört: Eine Folge Radiowissen über das Bildungsbürgertum, Wissen als Währung. Wenn Sie mit dem Thema Schule und Bildung zu tun haben, hören Sie da mal rein. Es wird sie als geschichtliche Ableitung des Gymnasiums etc. interessieren.
Und schließlich noch eine Folge über Luise Rinser, die ich nie gelesen habe und die mir auch als Schullektüre nicht begegnet ist. Und bei der mir der große Skandal im Jahr 2011 um ihre teils erfundene Biografie, um ihre falschen Angaben zu ihrem Leben und Leiden im Dritten Reich komplett entgangen ist. Nanu.
Aber gut, das war noch die Kleinkindzeit hier im Haushalt. Ich war vermutlich stark abgelenkt.
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Der Nebenfach-Philosoph M.A. (eigentlich eher zu Hause bei Paul Feyerabend und Thomas Kuhn als in Frankfurt) schlägt eine wörtlichere Lesart des Zitats vor, und eine, die weniger durch den Alltagsgebrauch geprägt.
Wenn ich „meine Meinung durchsetzen will“, will ich einen allgemeinen Konsens; einen Konsens, der meiner Meinung entspricht.
Wenn mein Gegenüber seine Meinung durchsetzen will, verfolgt es gleiche Ziele.
Und so suchen wir. Im Fall Social Media gleichzeitig hochprofessionell und extrem unbeholfen – aber wir suchen.
Danke, hervorragend.
Beim Thema Philosophie bin ich auch nie über die in diesem netten Musikstück dargebotene Einschätzung hinaus gelangt. Aber wer gibt das schon gerne von sich zu?
https://www.youtube.com/watch?v=kGK3qUYPTJE
Habermas hat vom „Reden“ gesprochen, nicht vom Schreien, Pöbeln, Beleidigen, Verunglimpfen, wie es in vielen (un-)sozialen Medien gang und gäbe ist.
Habermas sprach von Konsens“suche“. Das war edel gemeint und es wurde auch so verstanden, dass das Ziel des miteinander Redens möglichst dazu führen soll, zu einer Übereinstimmung zu kommen bei durchaus unterschiedlicher Ausgangslage. Kompromiss also nicht ausgeschlossen. Passte als Vorsatz gut zur Zeit, die uns so viele Jahre Frieden beschert hat.
Würde uns heute gut tun.