Das Ende der wirren Wahnwoche

Gelesen: Eine neue Monatsnotiz von Nicola.

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Gehört: Italienische Küche – Alles nur Mythos? Ich habe nichts gegen erfundene Traditionen, wie sie in der Sendung geschildert werden. Ich finde ihre Entstehung und das Verlangen danach eher verständlich. Es wird erst da peinlich und anstrengend, wo die stets unvermeidlich humorlose Besserwisserfraktion bei jedem tatsächlich oder vermeintlich traditionsbehafteten Thema, also auch beim Essen, die einzig richtige Wahrheit predigt. Ich koche mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt. Traditionen bitte lässig erfinden und locker umgehen. Dann lebt es sich viel entspannter, daher haben wir das schon immer so gemacht.

Außerdem gehört: Ein Zimmer für sich allein – Autorinnen feiern späte Erfolge. Über Ingrid Noll, Helga Schubert, Gabriele von Arnim, ihre eigenen Zimmer und die Möglichkeit, eine Tür hinter sich schließen zu können. Ja, ein eigenes Zimmer, das wäre etwas. Quasi auf meiner Bucket-List, die ich doch gar nicht habe.

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Am Sonnabend, ich höre danach wirklich auf mit dem elenden Aggressionsthema, war in Hamburg eine weitere sommerliche Großveranstaltung. Es fand der Triathlon statt, mit über zehntausend Teilnehmerinnen.

Man rennt und fährt und schwimmt dabei in der Innenstadt und in der Alster herum. Also gibt es schon wieder absurde und vielfältige Verkehrssperrungen überall, also stehen noch einmal knatternde Hubschrauber stundenlang über unserem Haus am Himmel. Mit einem Geräusch, bei dem es nach ein paar Stunden fast allen schwerfällt, nicht stimmungsmäßig durchzubrennen. Das würdige Finale einer durchgeknallten Woche, es wurden an diesem Tag alle um uns herum endgültig verrückt.

Ein infernalisches, nervenzerlegendes Hupkonzert im monströsen Stau vor unserer Haustür von früh bis spät. Menschen mit mentalen GAU-Erscheinungen an Steuerrädern. Aus einem Fenster im Haus gegenüber lehnt sich am Nachmittag ein kleiner Junge und ruft zu den Irren in den Autos hinunter: „Wodka, Korn und Bier, alles gibt es hier!“ Er winkt mit beiden Armen, er lacht und ruft den Satz oft und laut. So laut ihn ein Kind im Grundschulalter eben rufen kann, und das ist beeindruckend laut, wie man von Schulhöfen weiß. Er hat sichtlich Spaß an seinem kurzen und einprägsamen Text, von dem ich nicht weiß, ob er irgendwo herkommt oder selbst ausgedacht ist. Ich erinnere mich nur an die Reihung „Korn, Bier, Schnaps und Wein“, so sangen es damals die Toten Hosen, in einem Land vor unserer Zeit.

Immerhin sehe ich aber auch, jetzt wird es unerwartet versöhnlich, dass ein Geschwisterkind den Jungen die ganze Zeit am Hosenbund von hinten festhält, während er sich hinauslehnt. Es ist ein wahres Sinnbild der Restvernunft nach einer wirren Wahnwoche. Diese kleine Hand am Gürtel da, im Zimmer gegenüber.

Es gibt Menschen,  die noch normal mit- und auch an andere denken, die restvernünftig handeln. Sehr gut ist das, und tröstlich auch.

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Gesehen: Eine erfreulich lange, geduldige und ruhige Interviewsendung “By Sidney Lumet“ auf arte. Was sagt er da, gleich in den ersten Minuten: „Solange ich arbeiten kann, bin ich zufrieden.“ Ja, so kann man auch zu seinem Beruf stehen. Also manche können das. Es ist nicht allen gegeben.

Sehr schöne und lange Zitatszenen aus seinen Filmen sieht man jedenfalls in der Sendung. Nach denen man dann aber all die nur kurz angespielten Filme dringend in voller Länge sehen oder noch einmal sehen möchte, also wieder ein Problem mehr hat.

Sehenswert, diese Sendung. Ich habe dem Herrn Regisseur gerne zugehört.

Segelboote an einem Steg an der Außenalster, bewölkter Himmel, sommerliche Anmutung

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