Life is coming back to me

In den ersten morgendlichen Wettermeldungen sehe ich die drei Begriffe Nordsee, Kaltfront und Regen. Wie sympathisch und willkommen einem diese Wörter sein können, in diesen Wochen des überhitzten Spätsommers. Das gibt sich dann später im Jahr wieder, wie wir alle wissen. Aber für den Moment – soll sie mal kommen, diese Kaltfront, mit dem ganzen Regen von der Nordsee. Es klingt ausgesprochen vielversprechend, geradezu verheißungsvoll wirkt es auf mich. Ich stehe hier am offenen Fenster und warte auf Gewölk.

Die Sonne brennt schon einmal weniger in diesen Tagen, der Himmel ist öfter lichtgrau statt azur, und life is coming back to me. Das ist ein Song von Michelle Gurevich. Er fängt mit Zeilen an, die das Ende einer Hitzeperiode für mich treffend beschreiben, auch wenn etwas ganz anderes gemeint ist:

“I’ve been living under a rock

I’ve been sick around the clock

But life is coming back to me

 The days have been dull

The evenings have been null

But life is coming back to me”

Zum besseren Verständnis noch einmal der Hinweis, dass diese Wohnung erheblich nachglüht, wenn es draußen einmal heiß genug war. Wir haben länger etwas davon und gehen im Vergleich zu Menschen, die in topisolierten Wohnungen residieren, stets etwas nach in den Empfindungen. Falls meine Zeilen nicht mehr zu Ihrem gefühlten Wetter passen und deswegen irritierend wirken, es wird sicher daran liegen.

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Ich gehe Kugelschreiberminen für meine Mutter kaufen. Bestimmte Minen sind es, die es online nur einzeln für einen absurd hohen Preis gibt oder im Zehnerpack, deutlich günstiger, also irrational und verdächtig viel günstiger. Am Ende sind es Fälschungen, ich werde miusstrauisch. Aber ein Zehnerpack kommt eh nicht in Frage. Was soll sie denn mit zehn Minen, sagt meine Mutter, in ihrem Alter.

Da es bei den Fachgeschäften mittlerweile große Versorgungslücken gibt, schon gar bei den von mir so geschätzten Schreibwaren, ist der Weg zum nächsten Laden, der die Minen haben könnte, etwas weiter. Egal, ich habe ein Ziel in der Stadt. Ich gehe zweckgebunden los und muss nicht planlos spazieren gehen, das ist auch schön. Immer das Positive sehen.

Ich suche im großen Kaufhaus lange herum, weil es bei Schreibwaren mittlerweile ebenso wie bei der Mode ist: Es gibt keine sinnvolle Sortierung mehr. Nur noch eine nach Herstellern und Sonderaktionen und Schulanfangsspezialangeboten. Ich möchte schon wieder mit dem bisher nur gedachten Krückstock herumfuchteln.

Nachdem ich die verdammten Minen endlich gefunden habe, die letzten beiden, die es gab, nach für meinen Geschmack unangemessen langer Suche, gehe ich zur Kasse. Wo mich eine hochmotivierte Verkäuferin munter verabschiedet: „Wie schön, etwas zum Schreiben! Na, dann schreiben sie mal was. Liebesbriefe, Rezepte oder Einkaufszettel … Sie werden das dann schon richtig entscheiden.“

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Ich sehe weiter die alte Maigret-Serie, und sie reicht auch noch eine Weile, es ist herrlich. Dadurch habe ich auf einmal eine nostalgische Sehnsucht nach französischen Restaurants der eher nicht so edlen, aber doch stets bemühten Sorte in der Provinz, wie sie dort oft abgebildet und inszeniert werden. Nach diesen etwas ramponiert wirkenden kleinen Restaurants, in denen die nicht übermäßig freundliche Wirtin oder der ebensolche Wirt nach dem erstaunlich guten Hauptgang mit einem kleinen, quietschenden Käsewägelchen angerollt kommt …auf einmal steigen mir ausgesprochen lebhafte Erinnerungen daran auf.

Angestoßenes Geschirr, angelaufenes Besteck, seltsame Tapeten, aber bester Käse. Und im passend wirkenden Hotel nebenan ein Bett aus dem letzten Jahrhundert, so durchhängend wie es nur je eine Hängematte in irgendeinem Palmengarten war.

Damals in der Normandie, da gab es diese Restaurants und Hotels. Die Damen Herzbruch und Novemberregen, die da gerade residieren und täglich berichten, sie lösen diese Bilder mit aus bei mir.

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Hier aber statt französischer Reiseromantik nur beinhartes Hammerbrook.

Die rote Außenwand der Haltestelle Hammerbrook, die Hammerbookstraße, ein hohes Bürogebäude

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