Alles, was ich tat

Am Freitag noch einmal ein Werktag der unangenehm überbordenden Art. Passend zum Rest der Woche füllen sich die Stunden, und es hebt die Laune nicht, dass da gerade generell kein Ende in Sicht ist. Nicht im nächsten Monat und auch nicht in dem danach. Ich könnte die Reihe noch weiter fortsetzen, aber die Länge des Satzes würde mich irgendwann verunsichern, nehme ich an.

Ich bin jedenfalls im Home-Office. Allerdings muss nur ich an diesem Tag arbeiten, in der Wohnung stören herumhängende Jugendliche und eine ausschlafende Herzdame die Bürostimmung. Das macht die Lage nicht besser, die Motivation erst recht nicht. Knurrend alles abarbeiten und verbissen einige Immerhin-Gedanken pflegen. Dass die nächste Woche für mich immerhin nur drei Werktage haben wird etwa, oder dass immerhin auch diesem Freitag unweigerlich ein Wochenende folgen wird, so etwas in der Art.

Nach der Arbeit gehe ich kurz zur Reinigung, um meine Hemden abzuholen. In Gedanken weiterhin im Büro, an einer Entscheidung kurz vor Toresschluss zweifelnd, hin und her grübelnd. Nach einigermaßen erschöpfender Woche außerdem einiges in Frage stellend, auf der Sach- und auch auf der Sinnebene, aber wenn man mit der erst einmal anfängt.

In der Reinigung trägt die Frau, die den ganzen Tag die Oberhemden auf den Bügelautomaten spannt und diesen dann kurz dampfen lässt, ein mit Text bedrucktes T-Shirt. Sie steht mit dem Rücken zu mir, ich kann die kleineren Schriftteile nicht lesen. Es sieht aus, wie manche Band-T-Shirts aussehen, vorne wird vermutlich der Name eines Sängers oder einer Sängerin, einer Gruppe vielleicht zu lesen sein, was weiß ich. Hinten jedenfalls ein großes Zitat, und das kann ich einwandfrei entziffern. Während sie das vielleicht tausendste Hemd des Tages auf den Bügelautomaten spannt, lese ich da: „Alles, was ich tat, tat ich mit Leidenschaft.

Ich aber nicht, denke ich. Das nun wahrhaftig nicht, und ist das ein Problem oder was. Ich neige hier als Verfechter des Durchhaltens und des Abarbeitens, der steten Bemühung und der allmählichen Verfertigung doch der Verneinung zu, und mit more passion, more energy, more footwork muss man mir bitte nicht kommen.

Aber wer bin ich andererseits, dass ich in jedem Fall eher Recht hätte als ein T-Shirt. In Kurzgeschichten wäre der T-Shirt-Aufdruck selbstverständlich deep und in Interpretationen unbedingt zu beachten. Niemand zieht in Kurzgeschichten zufällig etwas mit Aufdruck an, siehe auch Filme, Serien etc. Es wird schon seinen Sinn haben, wenn die Kamera das erfasst, es wird schon geplant, es wird schon durchdacht gewesen sein. Ob man nun allerdings Teil eines Drehbuchs ist oder nicht – eine ganz große Frage, zu der man eh nie Zeit hat.

Generell aber, dabei möchte ich doch widerständig bleiben, traue ich den Leidenschaftsaposteln in beruflicher Hinsicht nicht recht über den Weg. Alles, was ich in dieser Woche tat, tat ich mit erheblicher Skepsis, denke ich. So geht es auch, und vielleicht geht es sogar besser so.

Es kommt darauf an, um den Text versöhnlich enden zu lassen. Denn vielleicht tragen Sie ja auch so ein T-Shirt mit Leidenschaftserwähnung im Aufdruck. Am Ende trägt man das jetzt allgemein so, und ich habe es nur wieder nicht mitbekommen.

Meinetwegen!

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Das Bild ist schon einige Wochen alt, man sieht es. Ein Graureiher auf meiner Abendrunde durch Planten un Blomen. Er stand da direkt vor mir, in ebenfalls eher skeptischer Betrachtung seines Arbeitsgebietes. So leidenschaftslos wie das Grau seines Outfits, das auch gut zu meinem Anzug passte.

Ein Graureiher steht am Rand eines Teiches in Planten un Blomen

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2 Kommentare

  1. An dieser Stelle muss ich auch mal ein wenig lästern:

    Der Bildungsstand ist IMMER umgekehrt proportional zur Menge der Beschriftung auf dem Shirt. Immer.

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