Vogelfutterfestspiele

Wir haben zur Monatswende auch die Vogelfutterfestspiele auf dem Balkon wieder eröffnet und die ersten Meisenknödel aufgehängt, von denen wir immer große Mengen bestellen, riesige Eimer voll. Wir haben auch die ersten Nüsse in den Blumentöpfen ausgelegt, und wir haben dann noch etwas hinter der Scheibe der Balkontür gestanden und abgewartet.

Die Kohlmeisen haben es zuerst mitbekommen und in ihrem Clan herumerzählt, schnell eskalierende Besuchszahlen. Die Spatzen, die über den ganzen Winter gesehen sicher am meisten vom Futter profitieren werden, sie lassen sich noch Zeit. Die Bande treibt sich gerade woanders herum, aber sie werden schon bald auftauchen und dann große Mengen konsumieren, nehme ich an.

Krähen und Elstern kamen noch nicht, sie sind auch in diesen Tagen weit und breit nicht zu sehen. Der Eichelhäher aber flog mit großer Selbstverständlichkeit vorbei und nahm sich eine Nuss. Als hätte es keine monatelange Sommerpause gegeben, keine Unterbrechung der normalen Abläufe.

Übrigens kam nur er immer wieder regelmäßig zum Nachsehen. Den ganzen Sommer über hat er uns fest im Programm behalten, all die futterlosen Monate lang. Ein fixer Kontrollpunkt in der Wiedervorbeiflugroutine war und ist unser Balkon für ihn. Alle drei Tage etwa hat er den Balkon abgecheckt, ob da nicht vielleicht doch … Kurz hat er jeweils die Blumentöpfe inspiziert, dann noch eben ein Rundumblick, auch sicherheitshalber den Boden unter den Möbeln kurz angesehen, dann schon weiter: Es hätte ja sein können. Wo einmal etwas war, könnte immerhin wieder etwas sein. Auch wir Menschen kennen das, etwa aus der Geschichte.

Es ist offensichtlich ein Vogel mit Pflichtgefühl und ehernen Routinen, ich finde das sympathisch. Es klingt etwas an in mir, wenn ich das beobachte. Dieses stoische Festhalten an Gewohnheiten, bis sie erneut zum Erfolg führen. Oder endlich einmal. Länger aushalten als andere, immerhin auch eine Strategie.

Geduld, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Man sieht es dem Vogel nicht auf den ersten Blick an, dass er sein Verhalten an diesen Charaktereigenschaften ausrichtet. Eigentlich sehen eher die Krähen in ihrem seriösen Schwarz nach diesen längst unmodern gewordenen Tugenden aus, nicht aber der schillernde Häher. Mit seinen doch etwas geckenhaften Verzierungen im Federkleid und dieser zappelig anmutenden Kopfhaltung, die zunächst auf einen unsicheren Kandidaten tippen lässt.

Allerdings, das muss ich auch sehen, wird das Verhalten des Eichelhähers nicht belohnt. Nicht eine Nuss mehr gewinnt er am Ende durch sein eisernes, trotziges Beharren auf eingespielten Verhaltensweisen. Die Spatzen, die Blaumeisen oder die Rotkehlchen, die jetzt gerade vielleicht im Vorbeiflug von irgendeinem Vogelkumpel hören werden, dass da auf diesem Balkon wieder Futter liegt, die ihr Leben lang fest auf diese Beiläufigkeit, auf diesen Zufall und auf sonst gar nichts vertrauen, die damit gut durchkommen, die werden mindestens die gleiche Beute machen wie er. Oder sogar mehr. Weil er doch heute noch dringend siebzehn andere fest eingespeicherte Standorte prüfen muss, und vielleicht vergeblich. Während sie sich hemmungslos den Bauch vollschlagen, wo nur gerade etwas liegt, und solange es dort liegt.

Da auch mal drüber nachdenken. Aber erst, wenn ich dafür Zeit habe, vorher kommen noch siebzehn andere To-Dos.

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Im Bild Hammerbrook, das kam schon erstaunlich lange nicht mehr vor. Heute mal wieder dorthin, quasi routinierter Vorbeiflug.

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3 Kommentare

  1. Guten Tag, es ist kein Weltuntergang dem Eichelhäher auch im Sommer und Herbst etwas zu füttern.
    Ein paar Nüsse regelmäßig auslegen ist kein Weltuntergang.
    Mit freundlichen Grüßen H.Lang

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