Autos und Ausgleichssport

Während ich mich über das im wahrsten Sinne des Wortes unselige Timing des anschwellenden Wahlkampfes ereifern kann, der im Dezember für mich nichts zu suchen hat, weil der mit Weihnachten ohnehin übervoll und ausgebucht ist, drucken die Parteien die schlimme Verbindung schon auf die Plakate. Als sei es die gute Nachricht selbst: „Punsch & Politik“, steht da etwa.

Rechtsauslegende Parteien wollen daraus vielleicht demnächst „Grenzen und Glühwein“ oder etwas in der Art machen, man ahnt es schon. „Hot Aperol und Heizungswende“, es textet sich wie von selbst weiter, wenn man erst einmal anfängt. Sie können im Geiste sicher anlegen. Oder, viel schlimmer, Sie können rausgehen und es dort ablesen.

Ein Deko-Element im Hamburger Hauptbahnhof, eine große Kugel unter der Decke, auf der ringsum "Frohes Fest" steht, wovon aber nur "Rohes Fest" zu lesen ist

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Ein Trend, den ich hier nicht erwähnt habe, weil er mir zu lange nicht bewusstgeworden ist, weil er sich so eingeschlichen hat und dann auf einmal da war, das sind die neuen Autohäuser mitten in der City. Es gibt schon drei, vier oder mehr, in bester Lage, in den touristisch belebten Einkaufsgegenden, in den Fußgängerzonen. Auch chinesische Hersteller betreiben so etwas längst. Zeichen der Zeit oder, wenn wir es nach den Industrie-Traditionen in diesem Land betrachten, wieder Zeichen des Niedergangs.

Eher kleine Showrooms sind das, in denen nur zwei Autos stehen, drei, vier vielleicht, mehr passen dort nicht hinein. Die Flächen dieser Showrooms sind direkt neben den üblichen und altbekannten Textilgeschäften, neben den Parfümerien und den Modeschmuckausrüstern. Ganz so, als sei das Auto ein vergleichbares Produkt für den fixen Konsum. Und nicht etwa eine Sonderware, die in ein entlegenes Industriegebiet oder an die freudlosen Zufahrtsstraßen der großen Städte gehört, wie man es doch kennt. Von damals kennt.

Man sieht von draußen auch Menschen in diesen Läden. Es scheint ein Konzept zu sein, das gerne angenommen wird. Es gibt Zulauf, es gibt interessierte, potenzielle Kundinnen und Kunden. Sie bekommen gerade Infobroschüren überreicht, während man von draußen irritiert in den neuen Laden sieht, oder sie werfen zunächst beiläufig wirkende Blicke in die ausgestellten Modelle.

Sie öffnen und schließen Türen, sie setzen sich einmal rein. Mit diesem etwas blöden Gesichtsausdruck, denn vermutlich alle Menschen haben, wenn sie beim Probesitzen für einen Moment bewusst hinfühlen, ins Gesäß und in andere Regionen, wenn sie einfach nur sitzen, aber das hochkonzentriert. Man kennt diesen Gesichtsausdruck auch aus Möbelhäusern, diese spezielle Mimik des abwägenden Testsitzens.

Wie auch immer. Es ist alles in allem so, als sei der Erwerb eines Autos neuerdings etwas für die, haha, Laufkundschaft in der großen Stadt.

Kopfschüttelnd durch die Fußgängerzonen gehen, aber zunehmend als Ausgleichssport.

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2 Kommentare

  1. Ich frage mich gerade, wie man bei diesen Auto-Showrooms eine Probefahrt vereinbart. Oder ist das nur für den Neuwagen-Käufer, der sich sein nächstes Gefährt zusammen-konfiguriert? Dafür reicht tatsächlich ein Büro und ein paar Musterstücke.

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