Bei der Deutschen Welle sah ich einen kurzen und bemerkenswert positiv stimmenden Film, was in unseren ausgeprägt dystopiegeneigten Zeiten doch besonders auffällt. Es war ein Beitrag über die Casa Verdi, über ein Seniorenheim für Musikschaffende, finanziert aus dem Vermächtnis des Komponisten. Eine sympathisch anmutende Einrichtung, fand ich.
Sollte ich eines Tages doch noch Dichter und reich werden, womit es allerdings allmählich etwas knapp wird, denn mir geht es nicht anders als Kid37, der gerade schrieb:
… sollte ich also doch noch Dichter und reich werden, ich werde vielleicht einmal über ein entsprechendes Vermächtnis für Blogschaffende nachdenken wollen, so anregend fand ich dieses Filmchen über die Casa Verdi. Villa Buddenbohm oder ähnlich würde es dann heißen. „Nur Lumpen sind bescheiden“, wie es damals in großer Schrift auf diesem einen Poster mit Hans Albers stand. Es hing lange bei mir an der Wand. Wo ist es eigentlich geblieben, bei welchem Umzug kam das denn weg. Egal.
Exkurs – apropos Bescheidenheit. Da fällt mir auf einmal wieder ein, wie ich als sehr junger Mensch, gerade erst Abitur gemacht, gerade erst nach Hamburg gezogen, noch hoffnungsfroh, jung und lebenshungrig in der großen Stadt, zum ersten Mal bei einer Ärztin war, die ich vor diesem Besuch schon flüchtig aus der Buchhandlung kannte, in der ich damals als Aushilfe arbeitete. Sie fragte mich auf die übliche Weise allgemeinmedizinische Kriterien ab, fragte nach Gewicht, Größe und Beschwerden. Fragte schließlich auch nach meinen Vorerkrankungen, und ich sagte scherzhaft und in bester Stimmung: „Nichts, nur Größenwahn“.
Sie sah mich prüfend an, sie schrieb es ernst mit. Und sie wiegte den Kopf auf eine Weise, die mir doch etwas unangenehm war. Ich sagte sicherheitshalber, dass das gerade ein Scherz gewesen sei. Sie sah mich an und sagte, sie glaube nicht an solche Scherze. Man müsse in ihrem Beruf immer alles ernstnehmen, was ein Hinweis sein könnte. Wirklich immer müsse man das, das habe sie gründlich gelernt und es habe sich auch bewährt. Wir diskutierten noch eine Weile, bis mir das Gespräch bald unangenehm wurde, da wir uns so gar nicht einig wurden. Ich war nach diesem mir doch seltsam vorkommenden Dialog kein zweites Mal bei jener auf mich allzu ernst wirkenden Ärztin, wie man sich vermutlich vorstellen kann. Ich suchte mir einen anderen Hausarzt.
Weswegen mein Größenwahn also niemals behandelt worden ist, sondern erst mühsam und über Jahrzehnte rauswachsen musste. Das wollte ich nur eben erwähnt haben.
Na, was sind das für alte Geschichten, ich schweife ab.
Jedenfalls könnten die in dem später zu gründenden Etablissement residierenden Seniorbloggerinnen und Social-Media-Veteranen genau wie die Damen und Herren aus der Musikbranche in der Casa Verdi gemeinsam gut ausgestattet und betreut wohnen. Und sie könnten sich vor allem, um ihrer Berufs- und Lebenserfahrung gerecht zu werden, bis zum letzten Tag vollkommen hemmungslos gegenseitig Content sein.
Sie könnten sich auch in endloser Folge abends in trauter Runde vor dem Flackern eines künstlichen Kamins alte Texte vorlesen. Weißt du noch, weißt du noch, und als Zugabe liest zu später Stunde noch irgendwer die besten Tweets aus dem Jahr 2019 oder aus einem anderen guten Jahrgang.
Sie würden vor allem aber in solch anregender Umgebung sicher dermaßen durchdachte und zitierfähige letzte Worte finden, es wären jedes Mal besonders schöne Stellen in den letzten Blogs, geradezu Feste für das lesende Publikum da draußen. Soweit ein Publikum dann noch vorhanden und lesefähig sein wird. Irgendwie ist es doch eine erbauliche Vorstellung, ist es nicht?
Na, man träumt so vor sich hin. An diesen besonders kurzen Abenden der ach so langen Winterwerktage.
“And in the winter
Extra blankets for the cold
Fix the heater getting old.”
Gleich wieder ein Ohrwurm für den Rest des Tages.
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Die Doku Casa Verdi erinnerte mich an den Film „Quartett“ von Dustin Hoffman, den ich vor einigen Jahren gern gesehen habe. Dieser spielte in einem Altenheim für Musiker nach dem Muster der Casa Verdi. Eine hochkarätige Besetzung von Schauspielerin (Maggie Smith!) und Sängern machte Hören und Sehen zu einem Vergnügen.
Und zum Thema Größenwahn: waren wir nicht alle in jungen Jahren voll Hoffnung, dass das Leben gerade mit uns etwas ganz Besonderes vorhat?
(Mitunter trifft es sogar zu, aber leider nicht nur in positivem Sinne).