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Ich habe mir Terminkollisionen in diese Woche eingebaut, dass es nur so scheppern wird, und sei es nur im eigenen Hirn. Das konnte ich mir gestern schon einigermaßen spektakulär beweisen. Aber man soll ja die Komfortzone verlassen, nicht wahr, vielleicht sogar die im Kalender? Also, ich bin seit gestern weit draußen, und was soll ich sagen, schön ist das hier nicht. Oder, um noch einmal den unschlagbaren Klassiker aus Grillparzers Reiseberichten zu zitieren: „Ich habe es mir anders vorgestellt.“

Ich könnte aber auch den alten Postkarten- und Kalenderspruch von der Lindgren für mich adaptieren, Sie wissen schon, diesen hier: „Und dann muss man auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hinzuschauen.“ In meinem Fall wäre diese Version gerade nennenswert angebrachter: „Und dann muss man auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und verwirrt zu gucken.“

Aber egal. Diese Woche geht immerhin auch vorbei. Wobei sogar ich in den raren Momenten großer Ehrlichkeit mit mir selbst merke, dass ich das schon etwas länger als seit sieben Tagen denke. Alles noch einmal durchdenken vielleicht.

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Nebenbei wird das Blog heute 21 Jahre alt, das ist ein erfreulicheres Thema, erst einmal darum kümmern. Der steht nämlich auch als Termin im Kalender, dieser Geburtstag, er erfordert aber, und wie segensreich ist das denn, kein To-Do. Also abgesehen von dieser Erwähnung hier, die sich aber nicht wie ein To-Do anfühlt. Und Termine ohne To-Dos sollte man vielleicht generell mehr würdigen und feiern. Dann bin ich fast schon wieder oben bei der Lindgren, schreibe also im Kreis, und warum auch nicht.

Das ganze Blog übrigens fühlt sich nicht wie ein To-Do an, obwohl man es vielleicht auch als Arbeit auffassen könnte. Als tägliche Übung, in die Energie und Zeit investiert werden, und nicht eben wenig. Aber unterm Strich ist es doch eher Lebensform als Aufgabe.

Der Geburtstag am 1. April wiederum ist, wie jährlich und unvermeidlich erwähnt, kein Aprilscherz, nein. Und allmählich, so glaube und hoffe ich, entwickele ich auch eine gewisse Routine im Bloggen.

Meine morgendliche Schreibzeit jedenfalls, sie ist im Vergleich zu manchen anderen und oft tetrisartig verschobenen Time-Slots des Alltagslebens gut abgesichert, auch gegen Terminkollisionen aller Art. Diese Schreibzeit wird aber auch durch mächtige Verbündete geschützt, etwa durch die morgendliche Müdigkeit aller anderen Familienmitglieder. Es gibt Umstände, die sind hier außerordentlich verlässlich, siehe auch mein gegenläufiges, frühes und begeistertes Aufstehen.

Alles so lange drehen, bis man einen Vorteil darin findet, ich sage es ja immer.

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Tretboote an der Außenalster

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Naheliegend, machbar und üblich

Beim NDR sehe ich die Meldung, dass der Elbtower eine Ruine bleiben könnte. Es fehlen 145 Meter und rund 300 Millionen Euro, um den Turm als dritthöchstes Gebäude im Land zu errichten. Der Investor zweifelt nun aber an allem. Ein seltener Moment, denn da kann man sogar mit dem Herrn Kühne einmal mitfühlen. Originell.

Die Ruine des Turms, also das Mahnmal des Größenwahns, die Betonreminiszenz an den einst so strebsamen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz („Ich möchte, dass die Hamburgerinnen und Hamburger, wenn es fertig ist, sagen: Das hat der Scholz gut gemacht“, sagte er damals, im fernen Jahr 2017 war es), wir können sie vom Konferenzraum des Büros in Hammerbrook aus jederzeit sehen. Wir können uns bei den Besprechungen also zwischendurch kurz zum Fenster drehen und ein drittelfertiges Gebäude einen Moment lang als Demotivationstrainingseinheit betrachten.

Ich finde das allerdings amüsanter, als es vielleicht angemessen ist, es fiel mir in der letzten Woche mehrfach auf. Breit grinsend könnte ich da dauernd sitzen, wenn wir im Raum mit dieser Blickrichtung konferieren und wir da emsig und bemüht erörtern, wie es mit allem voran- und nach oben gehen könnte und müsste. Ich reiße mich nur zusammen.

Aber eigentlich möchte ich am liebsten alle paar Minuten heiter mahnend in Richtung des Turmtrümmerstücks zeigen: „Wehe, wehe, wenn ich auf den Stummel sehe!“ Um dann – nach etwas notwendiger und ohnehin stets angebrachter Besinnung – von den großen Zielen wieder abzulassen. Doch lieber erst das Naheliegende bearbeiten, das Machbare und auch das Übliche.

So sorgt das Investitionsdebakel bei mir für Bodenhaftung, und ich finde tatsächlich, das hat der Scholz gut gemacht.

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Blick zwischen Häusern hindurch auf Hafenkräne an der Elbe

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Ich habe es gerade mit den Links, die sich mit den aktuellen Nachrichten seltsam verbinden wollen oder sollen. Vorgestern erst der Depardieu, heute der Schumacher. Also der Ökonom, nicht das Rennfahridol. Der Ökonom, der mit „Small is beautiful“ weltbekannt geworden ist. Bekannt aus jedem WG-Bücherregal der Siebziger und auch noch der Achtziger.

In einem Zeitzeichen beim WDR wird an seine historische Reise nach Birma erinnert, mit der seine Wandlung zum Außenseiter der Ökonomie begann. Es werden die Menschen dort erwähnt, die ihm damals so seltsam glücklich vorkamen.

Birma gibt es auch als Burma und ist heute aber ohnehin das Myanmar, welches gerade mit einem großen Unglück auf allen Sendern ist. Und eine auch nur einigermaßen glückliche Geschichte hatte das Land nach Schumachers Besuch dann eher nicht.

An seinen Denkansatz darf man sich dennoch kurz erinnern, er war wohl nicht grundsätzlich falsch. Was man vielleicht schon am Zusatz zum Titel merkt, der eher selten zitiert wird: „A study of economics as if people mattered“. Es ist, finde ich, ein sehr guter Titelzusatz.

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In Tokio wird es alles geben

Vor der Haustür klebt neue Werbung an einem Stromkasten. Das ist nicht ungewöhnlich, aber auf dem Plakat wird geworben für ein Volksbegehren „Werbefreies Hamburg“. Da bekommt man dann gleich wieder Kopfschmerzen, ob dieses logischen Bruchs, kaum ist man nur zwei Schritte durch diese seltsame Draußenwelt gegangen.

Oder, wie der geschätzte L. A. Salami auf seine leise, eindringliche Art vielleicht sagen und singen würde: Gets you wondering.

Davon abgesehen habe ich dann nachgelesen, worum es bei diesem Volksbegehren geht, und erwartungsgemäß kann ich mit der Idee sympathisieren.

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Seit ich die Söhne nicht mehr in Karussells setzen muss, gehe ich auch nicht mehr zum Hamburger Dom, da wird es mir wie vielen Eltern hier gehen. Für mein eigenes Entertainment erscheint mir das Fest deutlich weniger geeignet. Aber ich sehe auf meinen abendlichen Spaziergängen zuverlässig, dass die Veranstaltung gerade stattfindet.

Denn es fallen im Bahnhof und in den S- und U-Bahnen die Menschen auf, welche riesige Losbudengewinnplüschtiere transportieren. Manchmal haben sie ein Kind oder eine ganze Kinderschar bei sich, manchmal aber auch nicht. Dann werden sie diesen überdimensionierten Ausbund an Niedlichkeit, den sie da mit sich herumschleppen und in den Bahnen auch neben sich sitzen lassen, wie nur je einen Freund Harvey, vielleicht für einen kleineren Menschen organisiert und erbeutet haben, den sie später damit beglücken werden. Zur guten Nacht womöglich, oder auch erst zum Geburtstag.

Ich spreche selbstverständlich keine wildfremden Leute an. Aber ich würde es doch für eine attraktive Projektidee halten, einen Coffee-Table-Fotoband ausschließlich mit Porträts erwachsener Menschen zu füllen, die übergroße Plüschtiere mit sich herumtragen.

Auf dem Coverbild wünsche ich mir dann den Herrn im Anzug von gestern, der so beschäftigt und ernst aussah, businessmäßig wie in einer Satire über Konzerne und Consultants. Der bei McDonald’s in der Wandelhalle saß, Pommes aß, Cola trank und auf seinem Notebook an einer Präsentation arbeitete. An einem Zweiertisch in der Ecke. Mit einem großäugigen Plüschwesen auf dem Sitz gegenüber, das er beim Telefonieren und Essen die ganze Zeit so intensiv fixierte, als würde er bei jedem Satz auf ein bestätigendes Nicken warten.

Während ich dies tippe, kommt es mir allerdings auf einmal so vor, als sei die Idee dermaßen naheliegend – ich möchte nach einem Moment Bedenkzeit fast wetten, dass es so einen Bildband bereits gibt. Aus Tokio vielleicht, das würde mich nicht überraschen, es erscheint mir irgendwie passend. Gibt es in Tokio wohl auch Losbudengewinnplüschtiere?

Ach, in Tokio wird es alles geben. Fast zehn Millionen Menschen wohnen in dieser Stadt, was sollte dort denn nicht vorkommen.

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Links, frisch ausgestreut

Der Begriff „AI-Slop“ war mir bis gestern gar nicht geläufig, aber ich wurde durch den KI-Podcast beim BR weitergebildet (diese Folge war es). Da wird dieser seltsame neue Fachausdruck übersetzt mit „KI-Schlonze“, anderswo liest man auch „KI-Schund“. Es geht um die unangenehm schnell zunehmende Vermüllung der sozialen und anderen Medien durch KI-Inhalte minderer Qualität. Überraschend interessant und lang ist auch der Wikipedia-Artikel dazu, mit Beispielen, die bis in diese Woche ragen. Da kommt dann auch der berühmte Shrimp-Jesus vor, von dem haben Sie vielleicht schon einmal gehört.

Von da aus kann man in der Wikipedia zwanglos zum inhaltlich verbundenen Begriff Brainrot weiterklicken, also zur Gehirnfäule. Der Begriff geht, nanu, auf Henry David Thoreau zurück, mit dem ich an der Stelle nicht gerechnet habe, und stammt aus dem Jahr 1854. Mit anderen Worten, wir verblöden schon etwas länger, die Entwicklung nimmt nur gerade etwas Fahrt auf. Wir erfinden da wieder einmal nichts Neues, wir eskalieren nur vor uns hin.

Wobei mir außerdem einfällt, dass die Herzdame neulich das Wort Brainfog, welches sie im sinnigen Zusammenhang mit der Menopause verwenden wollte, versehentlich als Brainfrog aussprach.

Es versteht sich wohl, dass wir das jetzt nur noch so nennen.

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Gesehen: Eine Doku über Fanny Ardant auf arte. Der Depardieu kommt auch prominent vor, der in den Nachrichten gerade in anderem Kontext genannt wird.

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Gehört: Die bewundernswert unermüdliche Marina Weisband war zu Gast im Podcast von Jagoda Marinic, Freiheit Deluxe. Lohnende 79 Minuten sind das. Marina hat aus meiner Sicht durchgehend Recht und stellt ihre Perspektive und ihre Einsichten auch hervorragend dar. Was wiederum keine allzu gute Nachricht für uns alle sein kann, aber es ist, wie es ist.

Man kann sich immerhin, wenn man einen positiven Gedanken braucht, ein wenig daran festhalten, wie sehr sie es betont, dass man für etwas sein solle, nicht immer nur gegen etwas.

Denn auch da wird sicher etwas dran sein.

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Ein Fleet in der Hafencity mit Blick auf die Elbphilharonie, Abendstimmung, beleuchtete Fenster in den Neubauten am Ufer, Museumsschiffe auf dem Wasser

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Anmerkungen eines Zeitreisenden

In den Kommentaren zum letzten Text wurden die so jung ausfallenden Nörgelrentner erwähnt, da möchte ich noch einen Gedanken anfügen. Denn es wird etwas dran sein, und zwar schon aus sprachlichen Gründen.

Der sprachliche Wandel nämlich, den es immer schon gegeben hat, er hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. Das ist, möchte ich nach kurzer Recherche behaupten, eher Tatsache als Vermutung, das lässt sich belegen. Und ist auch allein schon wegen der galoppierenden Globalisierung und also wegen des zunehmenden Austauschs von Waren, Gedanken und Menschen in unserer Lebensspanne auch erwartbar und einigermaßen naheliegend.

Die Rickmer Rickmers an den Landungsbrücken im Nebel

Wenn man aber annimmt, dass die Sprache das Denken, das Verhalten und auch unsere alltagskulturellen Muster prägt, dann heißt das, dass wir die Normalität der Jahre, die uns geprägt haben, in letzter Zeit schneller hinter uns lassen, als das bei den vorhergehenden Generationen der Fall war. Was im Effekt einem früheren Altern nicht unähnlich sein wird, zumindest im Erleben. Morgen kommt heute viel früher, gestern wird es heute viel schneller, und da steht man dann dazwischen und weiß nicht recht. Einiges fühlt sich dabei doch sonderbar an und wo gehört man jetzt eigentlich hin?

Warum reden die alle so, die um uns herum, und warum sind die alle so.

Man wird es kaum messen können, aber ich wäre nicht überrascht, wenn sich beweisen ließe, dass man heute bezogen auf diesen einen Aspekt mit sechzig schon achtzig ist. Aber eben nur bezogen auf diesen Aspekt. Körperlich etwa werden viele mit sechzig Jahren heute eher vierzig sein. Was dann eine krude Mischung ergibt, für die es keine Vorbilder gibt. Weil wir es gerade erst erfinden, so zu sein. Man hat befremdlich früh im Leben ein seltsam merlinhaftes Gefühl, über das geheime Wissen vergangener Epochen zu verfügen, ist dabei aber so fit, dass man noch so ziemlich jeden Trendsport treiben könnte, wenn man denn nur wollte.

Mit anderen Worten, man fühlt sich in etwa so, wie sich auch ein Zeitreisender fühlen müsste: Ich komme aus der Vergangenheit und sehe mich hier mal um.

Meine prägenden Jahrzehnte waren die Sechziger, Siebziger und Achtziger. Meine prägenden Jahrzehnte sind also etwa einhundert bis zweihundert Jahre her, man kann es längst nicht mehr genau ermessen.

Ein Kommentator schrieb unter dem Clip: “This song is the saddest song I have ever heard. But I really like it.

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In neue Dimensionen

Es gibt diese Frage, die in den sozialen Medien während der letzten paar Jahre, seit dem Ausbruch der Pandemie, oft anklang: Ob man gerade depressiv werde oder ob die Lage einfach nur so schlecht sei. Und wie man das unterscheiden könne etc. Und dann auch noch, ob man es überhaupt unterscheiden müsse.

Man kann dem auch ernsthaft hinterherrecherchieren. Wobei sich dann herausstellt, dass es erwartbar kompliziert ist und keinesfalls mit simpler Strategie zu beantworten. Zumal auch Mischzustände in hundert Variationen erwartbar sind. Logisch, und das weiß man eigentlich alles schon, auch ohne es nachzulesen. Aber ab und zu, das stelle ich immer wieder fest, ist es doch gut, etwas nachzulesen.

Andernorts las ich neulich, dass der Champagnerkonsum in unserem Land um 10 % zurückgegangen sei. Woraus wir einigermaßen sicher ableiten können, dass die Lage gerade nicht die beste ist und dieser Umstand unsere Laune nicht hebt. Jedenfalls nicht bis zur Feierlaune. Um das soziologisch einmal fundiert und mit Beweismitteln geklärt zu haben.

Ich komme nur darauf, weil es eine vergleichbare komplizierte Frage gibt, die sich auf den von mir gelegentlich und mehr oder weniger scherzhaft angeführten Begriff Nörgelrentner bezieht. Die Frage nämlich, ob etwas an der Gegenwart tatsächlich und ernsthaft, vielleicht sogar bei einigermaßen gesichert objektiver Betrachtung, schlechter wird, vor die Hunde geht, nachlässt und zum Teufel geht. Oder ob man nur allmählich zu alt, zu konservativ oder zu nostalgisch für diese gerade beobachtete Entwicklung ist. Ob sie einem also lediglich nicht passt.

Was einem dann generationsmäßig vielleicht zusteht. Denn man läuft als Modell nun einmal irgendwann aus und steht fast unweigerlich für die Werte einer vergangenen Epoche. Es dürfte aber nicht zu Aussagen verleiten, die nach Allgemeingültigkeit klingen. Auf die Frage, ob man bei dem jeweils betrachteten Thema also gerade vor einem Martenstein-Risiko steht, darauf läuft es hinaus.

Das ist aber, es fiel mir gestern wieder in aller Deutlichkeit und auch Lästigkeit auf, eine Frage, die ebenso schwer zu beantworten ist wie die erstgenannte mit den Depressionen.  Ist die Lage schlimm, wird die Lage gerade schlechter? Heiße ich Waldorf oder Statler, bin ich der Zukunft nicht mehr zugewandt und was erlauben Jugend?

Wenn man erst einmal anfängt – man kann Stunden damit zubringen, dieses weite Themengebiet versuchsweise strebsam zu ergründen, also mit Interesse an Wahrhaftigkeit und Tatsachen. Und die eher simple Frage im Büro, früher so routiniert beantwortet, ob man einen Prozess nicht mal eben ändern könnte oder müsste und wie – sie gewinnt auf einmal eine etwas andere Dimension.

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Kreideschrift auf dem Pflaster: Das dicke Ende kommt!

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Wir erklimmen den Gipfel

Ich möchte dem Song, von gestern und vorgestern weiterhin treu bleiben. Allerdings unter Umgehung der Tanzszene aus dem so erfolgreichen Film da, die alle sofort verlinken würden. Denn die kennen Sie ja alle schon hinlänglich.

Aber eine interessante Erkenntnis hängt an dieser Tanzszene immerhin, denn sie ist tatsächlich dermaßen bekannt und als Erinnerung geradezu zwanghaft eintretend, dass sie die Suche nach dem Original, also nach dem eigentlichen Song ohne die spätere Filmverarbeitung, erschwert. Diese kollektive Assoziation überlagert alles und verändert daher die geschichtliche Wahrnehmung, wie wir sie alle durch unsere Suchen im Internet abbilden und stetig ausbauen.

Egal, heute jedenfalls eine mittwochstaugliche Version des Songs. Eine leichte Erschöpfung lässt sich bei vielen bereits erahnen an diesem Wochentag. Man erklimmt vielleicht eher mühsam den Gipfel der Wochenmitte, es ist einem zunehmend deutlich nach Rast und Ruhe zwischendurch zumute. Es darf jetzt alles besinnlicher ausfallen, man kommt im permanenten Sturm-und-Drang-Modus sonst eventuell nicht heil am Freitag an.

Also spielen wir das Lied noch etwas sanfter als gestern. Etwas geschmeidiger, fast intimer. Was dem Stück  nicht schadet. Die Sängerin rechts im Bild, Elle Cordova, kennen Sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schon von anderen Memes. Etwa von ihrem zurecht wild viral gegangenen Clip „Fonts hanging out“, der ebenfalls immer noch empfehlenswert ist.


Leichte Anflüge von gesundem Neid beim Betrachten dieses Videos. Man müsste Klavier spielen können, nicht wahr. Oder Gitarre. Oder überhaupt irgendwas.

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Moderne Bürobauten in Sankt Georg, geschwungene Fassadenlinien, viel Glas, in dem sich blau der Himmel spiegelt

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Ich verbringe ansonsten viel Zeit mit Lernen. Es ist brotberuflichen Ursprungs und mündet aber ins Freizeitliche und Nebenberufliche, schon weil ich auf dem privaten Computer viel mehr Tools und Möglichkeiten nutzen kann, ohne erst rechtliche Situationen klären zu müssen.

Es ist das erste Mal, dass ich bei einer solchen Lernphase intensiv die Möglichkeit nutze, mir Youtube-Videos per KI auf Text und Kernthesen eindampfen zu lassen. So dass ich also gar nichts mehr sehen muss, nicht mehr vorspulen muss. Auch nichts mehr in erhöhter Geschwindigkeit laufen lassen muss, um bloß endlich in einer mir schier endlos erscheinenden Wolke von Geschwafel zu dem zu kommen, was ich doch eigentlich nur eben wissen wollte.

Und das ist ein Anwendungsfall, da gebe ich der KI doch Punkte. Das ist für mich sinnvoll und nützlich, das beschleunigt auch einiges. Was man trotzdem aus diversen Gründen kritisch sehen kann oder auch muss, ich weiß.

Aber! Nicht mehr Fachleuten beim einleitenden Smalltalk und Geplänkel vor dem vielleicht interessanten Inhalt zusehen oder zuhören zu müssen – wie alltagserleichternd ist das denn.

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Absichtserklärungen vor dem Spiegel

Die Geister, die ich rief – der Montag war tatsächlich dynamisch turbulent und durcheinanderig. Er beinhaltete nennenswert zu viel von allem, mit zu vielen Komplikationen an zu vielen Stellen. Dabei war alles auf deutlich zu wenige Stunden verteilt, denn auch dieser Tag wurde wieder nur in der üblichen Länge geliefert.

Dass unsere Werktage die Woche hindurch keine abnehmende Stundenzahl haben, bis runter zu einem betont knapp gehaltenen Freitag, um dann in ein Wochenende mit Überlänge zu münden, das haben wir auch beklagenswert schlecht eingerichtet, fällt einem da auf. Aber wie auch immer.

Dieses Treiben also lieber wieder etwas herunterfahren, Hans Dampf in weniger und in besser beleuchteten Gassen. Denn auf Dauer geht das so nicht und kann auch kaum zu sinnigen Ergebnissen führen. Da einmal etwas Druck herausnehmen – zumindest als Absichtserklärung vor dem Spiegel gemurmelt.

Schrift an einer Wand: Free human beings

Dazu passt dann die geschätzte Emmylou Harris deutlich besser als der Herr Springsteen gestern. Wir können aber immerhin beim gleichen Song bleiben.

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Gehört: Eine Sendung aus der Reihe Essay und Diskurs mit dem Titel „Nische oder Exzellenz – Die Zukunft der Kulturpolitik.“ Es geht um die gerade überall diskutierten oder auch schon exekutierten Sparmaßnahmen an Kulturhaushalten. Da fiel ein schöner Satz zum Merken und auch zur Wiedervorlage, in dem gesagt wurde, dass in Deutschland mehr Menschen in Museen als in Stadien gehen.

Es bildet sich in den Schlagzeilen nicht immer ganz so ab, nicht wahr.

Einen weiteren Podcast wollte ich noch verlinken, den habe ich dann aber abgebrochen, weil mir bei Hören nach einigen Minuten auffiel, dass der eine sprechende Mensch alle Aussagen des anderen sprechenden Menschen (alle!)  mit „Ja, spannend“ beantwortete. In wenigen Fällen leicht variiert durch „Ja, voll spannend.“

Und wenn mir so etwas auffällt, dann kann ich nicht mehr zuhören. Weil ich nur noch verbissen auf das nächste „spannend“ warte. Ein Wort, das mich ohnehin triggert, das ich nicht ausstehen kann. Weil alle alles spannend finden, und ich es aber nur spannend finde, ob wirklich alle verrückt geworden sind, weil sie alle alles spannend finden.

Dabei ist es nur normaler sprachlicher Wandel, dabei sind es nur die üblichen Aufwärmübungen für meinen weiteren Weg als Nörgelrenter und ist es also daher nicht ernst zu nehmen, ich weiß.

Aber siehe auch „awesome“ im beruflich-globalen Kontext der Calls und Meetings. Die inflationäre Verwendung des Wortes awesome ist gewissermaßen superspannend … pardon, ich muss mit diesem Thema dringend aufhören.

Contenance.

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Das Impuls-Referat zur Woche

Da habe ich zum Wochenanfang gleich ein motivierendes Bild aus der Hafencity für sie, gucken Sie mal. Damit also wollen wir uns willig in den Montag und in die Werke werfen, in die Arbeit, in den Alltag.

Gesprühte Schrift am Rand einer Brücke in der Hafencity: "Auf gehts ab gehts"

Und dann mit anderen zusammen etwas leisten, dass es nur so kracht. So wie Bruce Springsteen hier im folgenden Film mit der E-Street-Band in Leipzig einen alten Chuck-Berry-Kracher spontan zusammenlötet, dass es eine helle Freude ist und man ihnen gerne zusieht. Auch neun Minuten lang sieht man denen gerne zu, und man würde wohl auch, wäre man in irgendeiner Weise gläubig, einer himmlischen Macht noch einmal für den Rock’n‘ Roll danken wollen.

Na gut. Wir wollen, je nach beruflicher Ausrichtung, zumindest grob in dieser konstruktiven Richtung etwas anstellen. Der Mensch braucht Vorhaben und Ziele. Aber andererseits und wie der gespielte Song sinnig und weise einschränkend sagt: „You never can tell.

Das zur Sicherheit bei allem im Sinn behalten. Um dann, im besten Fall bestens gelaunt wie Springsteen, einfach bei nächster Gelegenheit zuzugestehen, was ohnehin oft gilt: „Maybe I’m a little over-ambitious.“

Wie jemand so treffend in den Kommentaren unter dem Video notiert: „God bless THIS America.

Dieses Lied ist von 1964. Mein Hörbuch auf den Spaziergängen am Wochenende, die „Mutmaßungen über Jakob“ vom Johnson, ist von 1959. Das Buch auf meinem Nachttisch, „Spätestens im November“ vom Nossack, ist von 1955. Wie auch immer man das nun im Geiste zusammenbekommen soll, dermaßen unterschiedliche Inhalte. Es muss den Leuten doch auch damals schon eher unvereinbar vorgekommen sein.

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Ansonsten gibt es weiß blühende Obstbäume und auch rosa umwölkte Zierkirschen im Stadtteil, viel fotografiert und angelächelt. Der erste Schmetterling vom Dienst flatterte außerdem bereits über den Spielplatz und ein Kind zeigte jauchzend auf ihn. Ein noch kleines Kind war es, gerade erst konnte es unsicher laufen. Ein Kind also, das vielleicht zum ersten Mal einen echten Schmetterling abseits von Bilderbüchern sah. Etwas dermaßen Lustiges in der Luft! Es kreischte dann vor Vergnügen, das Kind, denn wie toll ist das denn, dass es so etwas wie Schmetterlinge gibt.

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In Planten un Blomen saßen und lagen sie am Sonntagnachmittag wieder auf den Bänken und den Rasenflächen in der Sonne, zwischen den nun zahlreicher und üppiger werdenden Blumen. Die Familienrudel, die Freundeskreise, die Paare und auch die einzelnen Lesenden, die Träumenden und die Telefonierenden.

Wie immer an den Sonntagen waren einige darunter, die hatten sich fein gemacht. Man kann annehmen, dass es meist mit religiösen Traditionen verbunden sein wird, sich an diesem Tag feierlich anzuziehen. Aber glauben Sie nicht, dass Sie das jetzt nur einer Gruppe, einer Religion oder einer Kultur zuordnen könnten. Weit gefehlt, denn bunt geht dies zu, so bunt wie die feinglänzenden Kleider der kleinen Mädchen. Ein einheitliches Bild ergibt es ganz und gar nicht. Auch das feierliche Feinmachen fällt ungemein divers aus in einer Millionenstadt wie dieser.

Nur eine Art Umkehrschluss gilt, dass nämlich diejenigen, die eher deutschen oder allgemein nordeuropäischen  Traditionen anhängen, sich sonntags mit einiger Gewissheit nicht schick machen. Also nicht mehr. Hundert Prozent wird man aber auch da nicht geliefert bekommen, am Ende sitzen irgendwo unter einem knospenden Flieder evangelische Freikirchler im adrettesten Outfit, gerade aus der Kirche kommend.

Das jedenfalls kennen meine Söhne nicht. Das haben sie nicht erlebt und gelernt, sich am Sonntag für irgendeinen Brauch schick machen zu müssen oder sogar zu wollen, mit Kleinkindkrawatte, nassgekämmten Haaren und allem. Ich glaube, bei mir kam es damals auch schon nicht mehr vor. Oder nur noch vereinzelt und als auslaufendes Muster.

Tempi passati, aber wie es so ist – irgendeine Generation wird sicher wieder damit anfangen.

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Wir in der neuen Ausgabe

Beim Herumgehen durch die Hafencity am Sonnabend gerate ich alle paar Meter in Fotoshootings. Nicht nur die üblichen touristischen Smartphone-Bilderchen werden dort gemacht, ich vor der Elbphilharmonie, wir an dieser Promenade da, die Kinder vor einem Rettungsring. Auch aufwendige Porträt-Studien mit großem Equipment und Kameras der Oberklasse sehe ich, manchmal noch mit assistierendem Personal dabei. Warum so viele davon und warum überall, ich weiß es nicht. Aber an jeder Ecke dreht sich auf meinem Weg jemand ins rechte Licht oder wird gerade entsprechend positioniert. Überall guckt jemand nach Aufforderung freundlicher oder ernster, reckt das Kinn oder dreht sich seitlich, tritt einen Schritt in oder aus dem Licht. Als ob die ganze Stadt ab der nächsten Woche neue Bilder brauchen würde, frische Frühlingsfotos für alle: Das sind wir in der neuen Ausgabe.

Kreideschrift auf dem Straßenpflaster: "Schönheit lügt"

Das Licht, das an diesem Tag fast schon sommerlich wirkt, funkelt saisonal stimmig in den zahllosen Aperol-Gläsern auf den Tischen der wiederbelebten und nun voll aufgetakelten Außengastronomie. Am späteren Nachmittag lässt es auch warme Sonnenuntergangsfarben in den Pils- und Weizengläsern aufscheinen, Bernsteintöne mit Strandahnung. Und es schmilzt neue und teure Eissorten in Waffeln, Bechern und an Kinderhänden, sommerlich sieht das alles aus. Man sitzt allgemein sonnenbebrillt, gibt sich betont entspannt und laid-back, zeigt Arme und Schultern. Kalkweiße Beine auch, alles so winterblass und lichthungrig.

Und das in einer Fülle, die schon wieder anmutet wie bei einem Stadionbesuch. So ein unsinnig dichtes Geschiebe und Gedränge, keine zehn Meter kann man an einigen Stellen geradeaus gehen. Wie soll das erst werden, wenn sie da demnächst dieses neue Rieseneinkaufszentrum eröffnen und noch ein paar Tausend Menschen mehr kommen werden?

Na, ich werde es mir wohl ansehen und dann berichten.

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Und apropos Einkaufszentrum: Eine SWR-Sendung gehört, „Erich Fromm und die Kunst des Lebens“. 29 Minuten. Den könnte man auch einmal wiederlesen, denkt man da, denn er hatte doch hier und da Recht, hatte er doch?

Und beim MDR gibt es zwei Lesungen der Briefwechsel von Heinrich Mann, einmal mit dem französischen Germanisten Félix Bertaux (28 Minuten), einmal mit Klaus Mann (auch 28 Minuten).

In der Reihe RadioWissen gab es schließlich eine Folge über das Déjà-vu (24 Minuten), inklusive einer recht logisch anmutenden und natürlich eher unspektakulären Erklärung aus der Hirnforschung. Weiß man das dann auch.

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