Ommmm

Es gibt Kinderfragen, die einen etwas unvorbereitet treffen und wunderbar aufzeigen, wie schwach es um die eigene Allgemeinbildung wirklich bestellt ist. Als etwa ein Rudel Sechsjähriger neulich auf die Buddhafigur auf unserem Kühlschrank zeigte. Wer ist das? Warum ist der da? Warum ist der so dick und warum steht der eigentlich auch in dem Tibet-Laden da hinten im Schaufenster? Da  musste ich erst einmal tief Luft holen. Und dann erklärt man eben im Rahmen der altersgerechten Aufmerksamkeitsspanne, also innerhalb von etwa fünf  Minuten, was es mit dem Buddha und dem Buddhismus auf sich hat und wünscht sich dabei eine innere Wikipedia. Also man hat natürlich eine innere Wikipedia, Gedächtnis genannt, schon klar. Aber da gibt es leider manchmal ein erhebliches Problem mit den Ladezeiten und mit „Seite nicht gefunden“-Meldungen.

Buddha also, der Prinz mit der himmlischen Kindheit im Palast ohne Sorgen irgendwo in Indien, Siddhartha. Der irgendwann doch mit dem Leid der Welt konfrontiert wurde und dann wissen wollte, worum es nun wirklich geht. Und dann die Sache mit der Askese und der Meditation. Hat sich also hingesetzt und meditiert, bis er alles verstanden hat. Hat nachgedacht, bzw. eben nicht gedacht, es ist kompliziert. War am Ende aber jedenfalls erleuchtet, zack, Weltreligion. Na, so ungefähr. Und auf dem Kühlschrank steht er wiederum nur als Deko, nicht als religiöses Versatzstück, Erwachsene sind komisch.

Und die Kinder fragen, ob er sich denn da beim Meditieren einfach nur hingesetzt habe? Ja, hat er. Ganz alleine. Mit ohne was dabei.

Und die Kinder fragen, wie lange er denn da gesessen habe? Sehr lange. Ich weiß nicht genau, wie lange. Aber in fünf  Minuten wird er es jedenfalls nicht geschafft haben.

Und die Kinder überlegen und beraten sich etwas. Und stellen dann souverän fest, dass sie das auch könnten. Also jeder wahrscheinlich. Wenn man nur lange genug sitzt, dann geht das schon, doch, das scheint ihnen ganz logisch. Wenn man WIRKLICH still sitzt – warum nicht? Dann kommt man am Ende auf alles, man kommt doch immer auf irgendwas. Und so schwer sei das Sitzen nun nicht. Sie selbst hätten momentan allerdings keine Lust zum Stillsitzen. Man könnte ja darauf zurückkommen. Irgendwann.

Und dann schubste der eine den anderen und der schubste natürlich zurück und ich hatte binnen Sekunden ein Knäuel sich raufender, kreischender und definitiv unerleuchteter Kinder vor mir, das ich langsam aus der Küche schob.

Und die Buddhafigur saß meditierend auf dem Kühlschrank und lächelte über die Szene hinweg. Mit einem dekorativen Lächeln, versteht sich.

Woanders – diesmal mit dem Maternal Gatekeeping, einer alten Geschichte, dem Beobachten und anderem

Das Nuf wichtig und richtig über “Maternal Gatekeeping”, ein Begriff, der mir bis heute völlig unbekannt war.

Don Dahlmann gräbt alte Geschichten aus. Find ich gut.

Bei Meike Winnemuth kann man lesen was passiert, wenn man beim Beobachten zu erfolgreich ist. Sozusagen.

Frau Gminggmangg fährt Bus.

Barbara klebt.

Eine gewisse Sportartikelfirma versucht gewisse Anhänger loszuwerden.

Schicke und besonders sinnige Lesezeichen.

Catalina kannte keinen Schnee.

 

 

Im Heimatdorf

#friedewalde #petershagen #nordostwestfalen

Nebel ist in der Hamburger Innenstadt natürlich nicht ganz so dekorativ wie der Dunst hier auf dem freien Feld. Doch, das hat was. Man müsste eigentlich schon für diesen Morgennebel öfter aufs Land fahren.

#nordostwestfalen

Man muss aber auch aufs Land fahren, weil man da auf einen Hügel steigen und bis zum Horizont gucken kann. Das ist in Hamburg-Mitte nicht möglich. Na gut, der Hügel hier hinterm Haus ist nur ein kleiner Erdhaufen, aber als Norddeutscher ist man da nicht anspruchsvoll.

Hotelbau

Und nur auf dem Land können die Söhne beim Hotelbau helfen. Auch eine wichtige Erfahrung, in Hamburg werden Hotels eher für Touristen gebaut und wirken sich schlecht auf die Mietpreise aus. Hier aber kann man ein Hotel neben das andere knallen, sie sind sofort ausgebucht und es macht nichts. Toll!

Die Fahrt ins Heimatdorf wird wieder mit den Flattr-Einnahmen aus diesem Blog finanziert – herzlichen Dank dafür!

Gastrezension

Hier oben steht “Buddenbohm & Söhne” und tatsächlich ist es auch ein Familienbetrieb, auch wenn man das nicht an jedem Text merkt. Aber die Herzdame regelt die Technik des Blog und die ganze Hardwarewelt, liefert Content und übernimmt unfassbar viele andere Aufgaben, damit für mich Zeit zum Schreiben frei wird. Die Söhne machen Ausflüge für Kolumnen mit, liefern auch schon mal Ideen für Geschichten und verstehen allmählich mehr und mehr den Jobcharakter, den dieses Internet oft für mich hat. Und überlegen, wo und wie sie helfen können, das ist nicht anders als früher in den Handwerksbetrieben. Ich habe auch bereits als kleines Kind in der Glaserei meines Vaters geholfen.

Sohn II fragte, was ich lese. Ich habe ihm den Titel vorgelesen. Er fragte weiter, ob ich darüber schreiben würde. Ich erklärte ihm, das ich über Bücher meistens tatsächlich etwas notiere, aber nicht viel. Er sagte, das könne er doch auch machen. Sohn II ist bemerkenswert tatkräftig und schreckt vor großen Aufgaben nicht zurück, auch nicht vor feuilletonistischen Jobs. Dass er noch gar nicht nicht lesen kann – das würde nur kleinere Geister aufhalten, das sind Petitessen. Hier also seine erste Gastrezension zu einem Werk von Arno Geiger:

Sally

“Das Buch heißt Alles über Sally, das steht auch vorne drauf, das fängt mit einem A an, das ist der Buchstabe da. Vorne ist eine Frau drauf, die ich nicht schön finde, deswegen würde ich das Buch nicht lesen. Weil nämlich, dafür ist das Buch auch ziemlich dick. Das Buch kann weg. Schreib das so.”

Ich behalte mir allerdings vor, nach Lektüre des Buchs evtl. eine andere Meinung als der Sohn zu vertreten. Versteht sich. Zumal mir das letzte Buch von Herrn Geiger, “Der alte König in seinem Exil”, besonders gut gefallen hat. Aber das ist ja auch bei Familienbetrieben oft so, dass die nachfolgenden Generationen in der Tradition bleiben, aber doch den Job irgendwie anders machen wollen. Damit muss man leben können.

Woanders – diesmal mit der Zeit, der Digitalisierung, Sohn II und anderem

Ein Interview über die Zeit, die Kinder zum Lernen brauchen.

Ein Artikel über die Digitalisierung in der Hamburger Staatsbibliothek.

Isa war mit Sohn II beim Schwimmkurs.

Ein Rant über Skandinavien.

Ein Limerick.

Eine großartige Uhr. Diese Uhr auf den Schreibtisch stellen und dann pausenlos über die Sinnlosigkeit von allem nachdenken. Das wär’s doch.

Vincent van Goghs Bilder in einem animierten Film.

Noch ein Film: Faces of Nepal.


 

Dialog am Nachmittag

#hamburg #stpauli

Sohn I: „Papa, diese Schlösser mit den Namen drauf und den Herzen und so…“

Ich: „Ja?“

Sohn I: „Die sind alle von Leuten aufgehängt worden, ja?“

Ich: „Ja, natürlich.“

Sohn I: „Und die sind alle verliebt oder was?“

Ich: „Ja,. Oder sie waren es mal.“

Sohn I: „Das ist ja die Seuche.“

Kunst kommt von Können

Den Satz haben wir alle schon gehört: “Kunst kommt von Können”.  Weil man etwas trainieren muss, bevor man produzieren kann. Weil Übung den Meister macht, weil Hänschen was lernen muss, damit Hans etwas kann usw. Wenn man als Erwachsener zeichnen soll und nicht gerade Künstler ist, dann glaubt man den Satz sofort. Denn was bekommt man schon hin? Fehlgestaltete Tiere mit grauenvollen Proportionen, peinlich dumme Gesichter, eher Fratzen als Porträts. Man muss wirklich viel, viel üben, bevor man etwas so zeichnen  kann, das man es selbst als Kunst durchgehen lassen würde.

Sohn II, das fiel mir neulich auf, malt bisher nicht oder nur selten. Ich habe überlegt und mir fiel nicht ein, wann das Kind jemals vor meinen Augen gemalt hätte. Aber wo gibt es denn so etwas? Nichtmalende Kinder? Haben wir da in der Erziehung etwas vergessen? Beim zweiten Kind nimmt man nicht mehr alles so genau, da passieren schon einmal Fehler. Ich habe ihm sofort Papier und Stift hingelegt und auffordernd geguckt. Er hat den Stift genommen, eine Weile das leere Blatt betrachtet und dann zwei dünne Striche produziert. Krakelig, unsicher und abgebrochen.  Zwei verlorene Kinderlinien, ganz nah am Rand des Blattes. Er guckte lange und nachdenklich auf seine kaum sichtbaren Striche.

Das tat mir leid, man kann so etwas als Vater kaum mitansehen. Vielleicht sollten die beiden Striche ein Mensch werden, ein Baum, ein Hund, ein Haus? Es ist so unendlich schwer, den Impuls der Gedanken in adäquate Bewegungen der Hand umzusetzen. Es dauert so lange, bis man etwas kann und der Wunsch danach ist so groß. Das ist doch furchtbar. Dachte ich.

Bis der Sohn den Stift weglegte und mir mit einem letzten Blick aufs Blatt beiläufig mitteilte: “Papa, ich könnte eigentlich auch Maler werden. Kunst kann ich jetzt ja. “

(Dieser Text erschien als Sonntagskolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)