Ein Traum von Staub und Sommer

Ich habe über ein paar Tage eine Lücke in meinen Notizen, vielleicht fanden diese Tage gar nicht statt. Ich weiß es schon nicht mehr, und worauf soll man noch alles achten. Egal. Am Sonntag der letzten Woche, das weiß ich doch noch, war unser 19. Hochzeitstag, und das klingt doch schon erstaunlich fortgeschritten. Die Kalender-App auf dem Handy meldete es mir in anderen Worten, sie schrieb ins Pop-Up „Zuhause“ habe 19. Geburtstag, und das hat sie ausnahmsweise einmal sehr gut ausgedrückt.

Die ersten Kastanien rollen mir an einem dieser Tage vor die Füße und ich meine, mich deutlich zu erinnern, dass dieser Moment in den Vorjahren deutlich herbstlicher geprägt war. Das ganze Setting war anders, die Kulissen, die Stimmung. Allerdings traue ich meiner Erinnerung da nicht ganz, die überhaupt ein bemerkenswert unzuverlässiger Zeuge ist, wie mir mit jedem Jahr mehr klar wird, sie ist jederzeit vollkommen skrupellos zum Meineid bereit. Ich frage andere Menschen, und die sehen das wie ich, aber auch das muss nicht stimmen. Bias, Bubble etc. man kennt das. Ich könnte es selbstverständlich in meinem Blog nachlesen, wie es früher war. Ich könnte überhaupt vieles im Blog nachlesen, tatsächlich mache ich das aber nie, bei keinem einzigen Thema.

Eine frisch gefallene Kastanie, eine geringe Menge Herbstlaub auf einem Fußweg in Hammerbrook

Ich denke beim Schreiben oft, dass etwas später interessant werden könnte und schreibe manchmal auch ein wenig sogar für mich selbst als späteren Leser – dieses nachfolgende Interesse tritt dann aber kategorisch nicht ein. Ich bin stets zu sehr beschäftigt mit der Verarbeitung der Gegenwart, da kann ich mich nicht auch noch um „heute vor zwei, drei, vier Jahren“ kümmern. Außerdem besteht bei so etwas immer das nicht geringe Risiko, aus Versehen etwas nachzulesen, was man heute ganz anders sieht, was zwar bei lernfähigen Menschen einerseits normal und erwartbar ist, aber doch auch irgendwie peinlich, wie konnte man denn jemals so falsch liegen, was hat man den da bloß gedacht, was war man denn bloß für einer, und dann schämt man sich wieder für sich selbst, mehr als ohnehin schon … nein, das muss alles nicht sein.

Ich lese lieber bei anderen, wie es in diesem Jahr um den Herbst und den Sommer steht: Der Sommer, der nicht enden will. Also bitte, da haben wir es doch, q.e.d.

Auch gestern noch, das war in diesem Text der 27. September, ein sonniger Mittwoch, war es um die Mittagszeit und am Nachmittag Augustwetter in Hamburg, war es im Sakko schon zu warm und dreimal im Laufe des Tages hörte ich das Wort „unheimlich“ in Bezug auf das Wetter, was sicher eher milde ausgedrückt ist. Die weiteren Meldungen in den diversen Medien werden Sie vermutlich gesehen haben, die Klimaziele müssen als gerissen betrachtet werden, 1,5 Grad, 3 Grad, was auch immer, here we go, Artensterben, Extremwetter und alles. Wir sind alle unfassbar wenig aufgeregt angesichts der apokalyptischen Meldungen.

Wie auch immer. Wir schlafen hier noch bei offener Balkontür, es ist viertel vor Oktober. In der Nacht habe ich den ersten Klima-Albtraum, an den ich mich erinnern kann, es ist Hochsommer im späten November, und die immer noch fallenden Eicheln zerbröseln nach dem Aufprall auf dem Boden sofort zu Staub.

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Doppelungen, Spiegelungen, Nachhall

Wir beschäftigen uns mit dem, was uns aufregt, nicht mit dem, was uns betrifft, habe ich neulich irgendwo gelesen und die Quelle sofort wieder vergessen, aber ich fand den Hinweis doch gelungen, es ist wohl oft etwas dran. Es bezog sich hauptsächlich auf das, was uns in den sozialen Medien als geistiges Futter, Zeitvertreib oder Anregung dient. Da auch mal bei Gelegenheit drüber nachdenken.

Apropos soziale Medien. Bluesky holt im Vergleich zu Mastodon deutlich auf, was Teilnehmerinnenzahl, Takt und Interaktion betrifft, Mastodon aber lässt für mich zumindest jetzt noch nicht spürbar nach, beides wird in absehbarer Zeit also etwa gleichauf sein – oder ist es bei Ihnen schon, das fällt immerhin bei uns allen anders aus.

Auf beiden Plattformen wird gerne und allzu häufig erwähnt, wie abwegig und doof die jeweils andere ist, das ist auf Dauer ein wenig anstrengend, to say the least. Und anstrengend ist auch, dass viele ihre Inhalte doppelt posten, textgleich, bildgleich. Da ich in der Regel kaum noch beachte, in welcher App ich gerade bin, sie sehen einfach zu gleich aus, lese ich dauernd alles zweifach, wenn nicht sogar dreifach auf noch weiteren Diensten. Als ginge man durch eine Party, durch das Gedränge im Kreis, und würde dabei immer wieder identische Satzbrocken hören, eine surreale Repeat-Schleife in der Menge, Smalltalk mit Echo.

Das wird noch schlimmer durch die Doppelungen der Bewegtbilder und Fotos auf Instagram und Tiktok, wobei Instagram allerdings die Krönung ist, da gar nicht wenige Anwenderinnen dort ihre Inhalte gleichzeitig im Stream und sicherheitshalber auch noch als Story posten, und es ist vermutlich gut, dass ich Facebook mittlerweile gar nicht mehr beachte, denn dort wird Instagram auch noch einmal gespiegelt, und würde ich jemals Whatsapp-Statusmeldungen ansehen, ich würde dort ebenfalls nichts Neues finden, nehme ich an.

Es ist ein wenig so, als hätten wir alle einen nachsprechenden Papageien auf der Schulter, als gäbe es immer öfter im Netz einen nervtötenden Nachhall, und besser wird dadurch nichts. Es ist eine seltsame Zeit des Übergangs, bis sich irgendwann wieder eine neue Ordnung etabliert, was sie vielleicht aber auch gar nicht tun wird. Vielleicht bleiben wir einfach dauerhaft im kleinteiligen Durcheinander der konkurrierenden Anbieter und Möglichkeiten und beobachten einen Niedergang, keinen Fortgang. Wobei ich nicht so tun möchte, als ginge es um einen kulturellen Verlust bedeutenden Ausmaßes, wirklich nicht.

Egal. Hauptsache ich habe mein altmodisches Blog, denke ich manchmal und murmele dann kopfschüttelnd abfällige Kommentare über neuere Entwicklungen, die auch von Waldorf und Statler kommen könnten. Immerhin bemerke ich die Ähnlichkeit noch.

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Kürbis, Tee, Regen

Mittwoch, der 20. September. Gestern sah ich, dass es jetzt auch in meinem Discounter die Weihnachtsregale gibt, Lebkuchen, Dominosteine etc. Andere hatten dergleichen in meinen Timelines allerdings schon viel früher vermeldet, Wochen vorher, nach welcher Logik das wohl gehen mag? Ob es eine systemgestützte Entscheidung für die einzelnen Märkte ist, ob es im Ermessen der Filialleitung liegt oder läuft es ganz anders, ist es am Ende wieder bloß ein Verkauf gemäß der Verfügbarkeit? Fragen über Fragen. Aber egal, ich habe eh nichts davon gekauft, selbstverständlich nicht. Immer erst einmal eine Runde Mäßigung üben, Verzicht und Selbstkasteiung. Spartaner stehen im September vor Stollen und gucken sparsam.

Die Völlerei kommt dann erst wieder bei einbrechender Kälte, und in meinem Wetterbericht kommt die weit und breit nicht vor, nicht in diesem Monat, und auch nicht zu Beginn des Oktobers. Herzensternebrezelvertagung.

Ich sehe währenddessen einen etwas seltsamen neuen Trend bei den Herbstvideos auf Instagram und Tiktok, bei diesem ganzen Dark-Academia-Zeug also, mit Kürbis, alten Büchern, Ledersesseln, Tee, Edinburgh und Regen vor den Fenstern, viel Regen: Man zerhackt jetzt die Clips in viele Schnitte, um möglichst viele dieser Bilder in einer Sequenz unterzubringen. Als wolle man in möglichst wenigen Sekunden zeigen, was man alles vorrätig hat an dunkel abgetönten Aufnahmen, die tiefe, tiefe Ruhe ausstrahlen. Chillige Bilder in rasendem Takt also, es geht dabei wohl um eine Steigerung der Entspannungseffizienz. Auch du wirst relaxed, wenn du dir nur ausreichend hektisch wechselnde Bilder von gemütlichen Umgebungen ansiehst, und hier, nimm noch eben zwei, drei Sekunden beschleunigten Chopin mit, das beruhigt.

Ich weiß nicht, bei mir funktioniert es nicht recht, fürchte ich. Am Ende muss ich also doch wieder selbst vor die Tür und mir oktobrige Stimmungsbilder in der echten Landschaft ansehen, in mittelalterlichen Altstädten im Speckgürtel der Stadt oder in Museen und Bibliotheken. wie so ein Mensch aus dem letzten Jahrhundert.

Schlimm ist das, die Digitalisierung klemmt wirklich überall.

Ein heranreifender Hokkaido hinter Brennnessellaub

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Wegsinkende Kapuzinerkresse

Dienstag, der 19. September. Das Datum klingt allmählich wie Ende September, also wie gleich ist schon Oktober, und heute nach dem Aufwachen hört es sich da draußen auch so an, denn der Wind heult ums Haus und flötet munter auf der Lüftung im Bad. Es wird hier ein wenig Herbststurm gespielt, wenn auch nur mezzo piano, und von dem im Wetterbericht mehrfach erwähnten Regen wird wieder so gut wie nichts mitgeliefert. Auf dem Spielplatz unten kreist währenddessen am frühen Morgen ein hysterisch schreiender Crack-Junkie durch den Sand und wirft alle paar Schritte die Hände zum Himmel, wie eine Gestalt in einer griechischen Tragödie. Das bloße Heulen des Windes wäre deutlich romantischer gewesen.

Home-Office, es wird nebenbei ein Rasenmähbeschluss gefasst. Es ist ein guter Tag dafür, immerhin ist es windig, dann gibt es endlich auch in der großen Stadt halbwegs frische Luft, der Spätsommer wird einmal durchgepustet. Ich fahre in den Garten. Die riesigen Pappeln hinter der Laube biegen sich mit erstaunlicher Grazie im Wind und die letzten Blüten tanzen in den Beeten, verblassende Rosen schwanken, wankende Gladiolen und wegsinkende Kapuzinerkresse, die keine Kraft mehr hat, sich an den Zäunen noch zu halten, morbides Ballgeschehen verblühender Schönheiten.

Die Kornelkirschen sind jetzt reif, ein sattes, dunkles Rot, verlockend sieht das aus. Ein letzter Hokkaido reift am Kompost, zwei Birnen hängen auch noch. Steckrüben könnte ich heute ernten und eine Handvoll Herbsthimbeeren gibt es weiter zuverlässig bei jedem Besuch auf der Parzelle. Den letzten Tomaten aber fehlt nun deutlich die Süße, aus denen wird nichts mehr. Die Tomaten sind durch und mit ihnen also der intensive Glühsommer. Die Kreuzspinne hinten am Schuppen hat eine gemeingefährliche Größe erreicht, ich stehe davor und staune. Es gibt die üblichen Kreuzspinnen – und es gibt diese hier.

Ich sehe ansonsten heute kein einziges Tier, keinen Vogel, kein Insekt, kein Eichhörnchen, keinen Igel, keine Maus. Lebendig wirkt nur der Wind, der an allem herumspielt, als würde er versuchen, ob ihm das wieder Spaß macht, auch in dieser Saison, er fasst alles schon einmal versuchsweise an. Und ich fuhrwerke also mit dem Rasenmäher durch die Stille der werktäglich verlassenen Gartenanlage, der Mensch erscheint wieder als lärmender Lästling für all die kleinen Wesen im Verborgenen.

Fallobst auf einem Holztisch im Garten, im Vordergrund eine Laterne mit einer Kerze darin an einem Baum

Es liegen nach wie vor kaum Blätter auf dem Rasen, es sind auch kaum gelbe Fleckchen in den Bäumen zu ahnen, man trägt noch mattes Grün. Ich sammele die späten, schon teilvermoderten Äpfel auf, und auch die ersten Zweige, die der Wind bereits gerissen hat.

Ich setze mich nach dem Mähen in die Laube, in der ist es immer noch augustwarm.

Vor dem Fenster der Wind in der Weide.

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Septembertropen

Montag, der 18. September. Immer noch ist es warm am Morgen, sommerwarm, schwülwarm auch, es ist fast Ende September und die Wohnung kühlt nachts kaum ab. Nicht einmal kalte Füße bekomme ich am Morgen, während ich mir einen Eimer Kaffee zum Wochenstart mache. Ich mache das Radio an, da reden sie von einer weiteren Tropennacht, die Temperaturen liegen in vielen Gegenden in Deutschland nicht unter 20 Grad. Septembertropen. Oktobertropen klingen dann noch besser, vielleicht haben wir die auch in ein paar Jahren. Vermutlich wird es so sein.

Gestern gab es am Nachmittag einige dünne Regenschauer und es waren wieder solche, um die sich niemand gekümmert hat. Keine aufgeklappten Schirme, keine Regenjacken, nichts. Ein paar Tropfen auf T-Shirts, es stört einfach keinen mehr, es ist eher ganz angenehm, eine kleine Erfrischung, auf dem Spielplatz unten wurde einfach weitergeschaukelt. Kein Gedanke an schlechtes Wetter.

Home-Office, Datenschubsen, Excel bunt ausmalen, was man so macht.

Nach der Arbeit kurz in die Stadt, wenn es jemals Herbst werden sollte, brauche ich noch ein zwei Kleidungsstücke. Schweißausbrüche beim Anprobieren.

Nein, es wird kein Herbst, da draußen jedenfalls nicht, es sind auch kaum Blätter gelb geworden bisher, es ist keine herbstliche Atmosphäre. In den Timelines aber kippt die Stimmung angesichts der weltweiten und deutschen Entwicklungen unübersehbar ins Dunkle, dort ist es schon später im Jahr, dort herrschen Gallenbitternis und Depression, Zynismus, Sarkasmus und alle Varianten von Schwermut, Anhedonie und Dysphorie, Fatalismus und Aufgabe. In den Timelines ist längst tiefster Stimmungsnovember, herrscht schon lastende Dunkelheit.

Und nachdem ich das mit den sozialen Medien nun schon lange mitmache und dort einiges erlebt habe – schlimmer war es noch nie. So runtergerockt waren wir als soziale Gruppe bisher nicht, so schlecht wurde die Gesamtsituation von uns nie gedeutet. Ich kann mit dieser Erkenntnis allerdings nichts anfangen, ich weiß nicht, was daraus abzuleiten ist. Es hilft mir jedenfalls nicht weiter, das alles zu lesen und zu verstehen oder wieder und wieder zu teilen, man sinkt nur immer tiefer, dann eben gemeinsam.

Ich teile den Fatalismus inhaltlich, so ist es nicht, aber ich verweigere mich noch der durchgehenden Depression und der Selbstaufgabe. Die Bordkapelle spielt weiter. Ich habe das immer sehr gemocht, das Bild.

Wenn wir untergehen, sei es politisch oder anders, dann doch bitte mit Haltung.

Ein Schriftzug an einem Fensterrahmen von außen: "I'm still standing"

Hier noch ein Song, dessen Einstieg meine Generation vielleicht für die letzten Jahrzehnte und auch für das Heute nutzen kann, denn es wird fraglos alles besser, wenn man den richtigen Soundtrack hat: „Dass es gut war, wie es war, das weiß man hinterher, dass es schlecht ist, wie es ist, weiß man gleich.“ Es ist auch ein Song über das Weitermachen, und das passt schon. Es ist Montagmorgen, jeder rollt seinen Stein.

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Neues von St. Florian

Sonntag, der 17. September. Ich hänge durch Helgoland wieder etwas zurück, das gibt sich in Kürze. Am Morgen gelesen: Der Bürger am Ende der Welt. Und dann auch noch Lars Fischer über die aktuelle Lage an der Virenfront, die Updates von ihm sind immer lesenswert.

Gesehen: Diese Doku über Simon & Garfunkel auf arte, die, so nehme ich an, besonders auch für Menschen interessant ist, die selbst Musik und Aufnahmen machen. Sehr abgefahrene Erzählungen zu den alten Produktionen, die man dann hinterher auch gleich noch einmal hören kann, versteht sich, und so kommt man dann auch zu ausgefüllter Freizeit.

Zu einem der Themen, die hier öfter vorkommen, gibt es ein Update, nämlich zur sozialen Lage am Hauptbahnhof um die Ecke. Ich hoffe, ich liege da nicht richtig, aber die Motive der Behörden kommen mir doch arg vorgeschoben vor und ich nehme an, man will die Menschen, die da als Problem empfunden werden, schlicht loswerden, in andere Gegenden verdrängen, wozu also auch gehört, sie nicht mit Verteilaktionen zum Bleiben zu bewegen oder gar dorthin zu „locken“, so wird es wohl sein. Es löst, wie man sich unschwer denken, kann, exakt gar kein Problem. Und dass bei den Verteilaktionen vermüllte Standorte zurückbleiben, das habe ich noch nicht beobachtet. Aber ich komme da auch nicht so oft vorbei, nur etwa drei- bis viermal täglich.

Der Bahnhof ist eben einer der Punkte auf dem Stadtplan, an denen man es sieht, was man weder sehen möchte noch aus wirtschaftlichen Gründen überhaupt sehen soll, schon gar nicht als Tourist in dieser Stadt, die so gerne „die schönste Stadt“ genannt wird: Das Elend in dieser Gesellschaft ist erheblich größer als es sich jene Menschen gemeinhin vorstellen, die solche Punkte auf dem Stadtplan nicht auf ihren täglichen Wegen haben. Dramatisch viel größer ist es, unfassbar groß, und wenn ich hier oft schreibe, dass ich regelmäßig Szenen sehe, die an Charles Dickens erinnern, dann meine ich das wörtlicher, als es vielleicht klingt. Es ist nicht übertrieben, und es ist nur der Zufall der Wohnlage, dass ich es dauernd sehe und Sie vielleicht so gut wie nie.

Aber ich wollte mich ja nicht mehr aufregen, ich war doch im Empörungsfasten. Woher sind nur wieder diese Bissspuren im Schreibtisch.

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Gesehen: Mystery Train, es läuft gerade auf arte, auch anderes von Jim Jarmusch gibt es da. Ich habe also noch mehr vor, danach kommt dannn gleich Night on earth. Ich stelle übrigens wieder fest, dass ich mit arte fast jederzeit voll ausgelastet bin, das Programm dort trifft einfach oft meinen Geschmack. Ich finde so viel Brauchbares, ich schaffe dann jedenfalls kein Netflix oder anderes mehr. Man will ja ab und zu auch noch was lesen, ne.

Gelesen: Weiter in „Süßer Ernst“ von A.L. Kennedy, für das ich offensichtlich erstaunlich lange brauche, was daran liegt, dass mir so viel einfällt, beim Lesen. Es sind viele Stellen drin, die mir einigermaßen blognah vorkommen, seltsam vertraut wirkende Alltagsbeobachtungen, Straßenszenen, Bahnhofsvorkommnisse, ich finde das sehr anregend und schweife gedanklich permanent ab, weil ich beim Lesen gleichzeitig schreibe, also zumindest im Geiste. Ein auf ungewohnte Art schwieriges Buch für mich.

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Währenddessen in den Blogs

Heute im Bio-Unterricht: Über die Fluss-Seeschwalben. Lang und interessant, das wusste ich so gut wie alles nicht.

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Was Vanessa über die Bahnreise schreibt.

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Und hier ein Reisebericht aus Brüssel, die Urlaubs- und Unterwegssaison ist schier endlos in diesem Jahr, so scheint es, Teil eins und Teil zwei.

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Frau Herzbruch war im Theater

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Ilse Helbich (empfehlenswerte Lektüre, wenn man älter wird oder werden möchte!) wird bald hundert Jahre alt.

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Das Wort Latwerge kannte ich nicht, aber jedenfalls wird es Herbst in Frankreich.

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Schiffsmeldungen

Die Rückreise nach Hamburg. Der Katamaran legt am Nachmittag in Helgoland ab, was für mich als terminfixierter Mensch immer ein Problem ist, denn was macht man bis dahin mit dem halben Tag. Das habe ich in all den Jahren nicht geschafft, diese Reststunden auf der Insel noch sinnvoll zu nutzen, denn ich will an Abreisetagen nur eines, nämlich abreisen, dafür ist das Datum ja da. Man wechselt an so einem Tag wieder die Kulisse, das ist der Zweck des Tages, es kann kaum einen anderen geben.

Das ist einigermaßen unvernünftig, ich weiß, und kostet mich sicher etliche schöne Stunden, aber es ist wohl zu schwer für mich, da noch eine andere Haltung zu erreichen, die Versuchsreihe ist bereits länglich.

Der Leuchtturm auf der Helgoländer Düne

Wir lassen das Gepäck erst einmal im Hotel stehen und kaufen noch etwas für die Söhne ein, Schokolade im Flughafenshopformat und dergleichen. Die Herzdame kauft sich einen Laden weiter noch eine Mütze und braucht endlos lange dafür, sie probiert hundert Farben und geht schließlich mit leuchtend pinkfarbener Kopfbedeckung, ich werde sie in Menschenmengen damit gut finden können. Ich sehe mir auch Sachen an, aber mir ist gerade nicht nach Outdoormode, nach Winter- und Sturm- und Regenjacken, das interessiert mich alles noch nicht, bei diesen weiterhin hochsommerlichen Temperaturen. Schon die Vorstellung, jetzt so etwas anzuprobieren – um Gottes willen.

Wir sitzen dann lange auf der Promenade herum und haben nichts mehr vor. Ich gucke heimlich auf die Uhr, denn die Herzdame mache ich damit wahnsinnig, und ich verstehe sie sogar. Es liegen noch mehrere Stunden vor uns. Das Wetter ist herrlich, es ist ein unwirklicher Septembertag. Es ist so warm, dass es gerade eben nicht heiß ist. Von der Nordsee weht es lau und wie südlich heran, ob wir nun hier sitzen oder irgendwo in Griechenland, Italien, Spanien, am Wetter könnte man es nicht so leicht erkennen.

Wir sitzen in einem Strandkorb und die Zeit verlangsamt sich nun erheblich, wird zäh und undurchdringlich. Die Herzdame liest, ich aber kann nicht lesen. Ich gucke zum Horizont, wann endlich der Katamaran kommt. Ich gehe auf der Landungsbrücke auf und ab, ich reichere den Schrittzähler an, dann hat wenigstens der etwas zu tun. Ab und zu sieht die Herzdame hoch und mir hinterher, sie schüttelt den Kopf und liest weiter.

***

Das Oberdeck des Katamarans bleibt lange nach der Abfahrt noch leer, die Passagiere stehen draußen auf dem Achterdeck und sehen der Insel nach. Etwas später sehen sie nur noch in die weiße, sich verwirbelnde Gischtspur hinter uns oder zu den Schiffen links und rechts neben uns. Containerschiffe, Frachter, Segelboote, auf der Nordsee ist etwas los. Ein Kleinkind zeigt immer wieder auf alles, was da fährt, und es ruft unermüdlich „Schiff! Schiff!“, es strahlt und freut sich. Schiffsmeldungen, denke ich, das gibt es auch als Romantitel.

Das Deck des Katamarans glitzert nass, der Himmel ist blauweiß und die satte Wärme um uns herum wirkt so grundsätzlich und ewig, wir könnten hier auch durch die Ägäis fahren.

Draußen haben sich einige auf den Stahlboden gesetzt oder sogar gelegt und sonnen sich. Wieder ist es so, dass einige Herbstsachen anhaben, weil sie ja auf einem Schiff sind, wo es zieht und es nass ist, einige aber nur Shorts und T-Shirt, weil es doch noch dermaßen Sommer ist. Der prinzipientreue Mensch in verschiedenen Ausprägungen.

Im Innenraum ploppen die Bierflaschen wie in einem Werbespot für Flensburger, ein Geräusch, das durch die Reihen wandert.

Ein Baby weint sich in den Schlaf, während seine Mutter es in einem Tuch vor dem Bauch herumträgt. Sie wird irgendwann vom Vater abgelöst, beide wandern und wandern durch die Reihen, immer wieder, noch eine Runde und noch eine, und das Baby weint und weint. Einige Passagiere gucken etwas genervt, einige lächeln verständnisvoll, das sind vielleicht die, die sich noch erinnern können. Ich höre alten Jazz und für drei, vier Takte ist das Jammern des Babys melodiesynchron mit Chet Baker, bis dem Trompeter dann doch etwas mehr einfällt und er die Noten anders fortführt, das Baby aber im klagenden Refrain verbleibt, noch lange.

Ein Kleinkind wandert auch durch die Reihen, drei, vier Jahre wird es alt sein. Es hat noch einen Schnuller, den es aber schon sehr lässig im Mundwinkel hat, den wird es nicht mehr lange brauchen. Das Kind sieht sich die Erwachsenen genau an und bleibt vor einigen stehen, bohrende Blicke, was ist das da für ein Mensch. Einige von denen, die so angesehen werden, sind schnell verunsichert, gucken lieber weg oder täuschen eine Beschäftigung vor, einige lächeln versuchsweise und ohne Erfolg, denn dieses Kind lächelt nicht zurück. Es forscht hier nur, es ist nicht auf Kontakt und Freundlichkeiten aus.

Die meisten Passagiere sehen auf ihre Handys und tippen ab und zu etwas darauf, einige schlafen, wenige lesen in einem Buch.

Ein Mann küsst eine Frau, und er macht es mit einigem Einsatz, seine Lippen verweilen lange auf ihren. Auf seinem T-Shirt steht: „Einer muss den Job ja machen.“

Nach Cuxhaven wird der Katamaran leerer, die Menschen werden müder, immer mehr Augen gehen um uns herum zu. Neben mir sitzen kartenspielende Rentnerinnen, hinter ihnen das Elbufer. Frauen vor Flusslandschaft.

Das Licht über dem Wasser wird in der Dämmerung lilafarben pastellig, urlaubsbildbandschön sieht es aus, und es ist kaum zu glauben, dass wir auf eine Millionenstadt zu fahren, nicht auf ein Naturschutzgebiet oder zumindest in irgendeine Gegend, die für ihre Landschaft berühmt geworden ist. Es sieht vor den Fenstern anders aus, vielversprechender, das Licht verklärt die norddeutsche Wirklichkeit. Hinter Stade sieht man allmählich nur noch die Lichter der Hafenkräne und der Industriebauten, rotes Gefunkel im Dunkeln, es glimmt, es leuchtet, man ahnt Gebäudeumrisse oder Anlagen, Maschinen und Fahrzeuge.

Dann werden die Lichter nach und nach immer mehr und noch mehr. Sie sind bald eine eigene Wirklichkeit, von der Nacht abgeschieden, so zahlreich sind sie und so hoch erhellen sie die Dunkelheit, eine orangegelbe Lichtkuppel erhebt sich über der Elbe, und das ist dann der Hamburger Hafen.

An den Landungsbrücken raus.

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Die alten Märchen weiter glauben

Freitag, der 15. September. Ich bin mit den Helgolandberichten noch nicht fertig, ich überlege beim letzten Text aber gerade, ob er hier oder anderswo erscheinen soll. Zu lesen bekommen Sie ihn so oder so. Demnächst.

Die Landungsbruecke auf Helgoland unter einem wolkigen Himmel

Die Timeline – ich hole in Kürze auch wieder zur Gegenwart auf – ist voller Oktoberfest-Aversion und ich lerne dabei eher unfreiwillig, was es mit dem Dirndl in der NS-Zeit auf sich hatte. Wieder eine nachjustierte, teilerfundene Tradition also, und zufällig sehe ich dann noch kurz darauf auf Tiktok ein Video, in dem die kollektive Fehlannahme erläutert wird, man hätte im Wilden Westen so etwas wie Cowboyhüte getragen. Was kommt noch, haben die Hanseaten am Ende früher gar keine seriösen Geschäfte gemacht? Nicht auszudenken. Alles hat man uns falsch beigebracht, alles. Es gibt im Internet Zusammenstellungen von dem, was seit der eigenen Schulzeit wissenschaftlich als überholt gelten muss, fein säuberlich nach Jahrgängen sortiert. Diese Seiten lieber auch nicht ansehen, die guten, alten Märchen immer weiter glauben. Irgendwas muss Bestand haben im Leben, und seien es die Irrtümer. Boomer verstehen das.

Ich habe außerdem zu danken, und zwar einerseits wieder für den Beitrag der Leserinnen, etwaige Leser sind hier stets mitgemeint, zu den Helgolandtexten, denn die Herzdame und ich haben die Überfahrten zur Insel und zurück mit dem Katamaran von den Trinkgeldern im Blog bezahlt. Sehr hilfreich war das, ganz herzlichen Dank! Ich bleibe im Moment dabei, dass ich alles, was da hereinkommt, und was nicht ausdrücklich per Betreff anders gemeint ist, für Reisen und Ausflüge verwende. Andererseits danke ich auch für die Zusendung eines Buchs, nämlich der jahreszeitlich passenden Herbstgeschichten von Cechov, dessen Sonderzeichen ich nach wie vor nicht hinbekomme. Es wird mir ein Fest sein, sie zu lesen, wenn die Blätter fallen, und das tun sie hoffentlich verdammt bald. Merci bien!

Das Buch "Späte Blumen - Herbstgeschichten" von Cechov

Es ist ansonsten der Tag der großen Demonstrationen in mehreren Städten. Fridays for Future. Ich habe keine Zeit dafür, leider habe ich heute überhaupt keine Zeit für so etwas. Selbstverständlich gehe ich aber dennoch hin, denn man hat ja nie Zeit für irgendwas und muss also Prioritäten setzen. Die Herzdame und ich gehen gemeinsam dahin, wir stehen da, wir hören zu, wir laufen dort mit, gemeinsam mit etwa 22.000 Leuten. Wie immer schwanken die Angaben, wie viele es wirklich waren, je nachdem ob man die Polizei oder die Veranstalterinnen berichten lässt. Egal.

Es gibt einen kurzen Auftritt von Grönemeyer, der mich überrascht, weil er beim Gesang genau so klingt wie damals, und wann war denn dieses Damals überhaupt, als wir ihn alle erst kennengelernt haben. Moment, ich sehe eben nach, es war 1984, das Jahr von 4630 Bochum, die Älteren erinnern sich. Ich kann es gar nicht fassen, er klingt tatsächlich immer noch so. Beeindruckend. Ich sehe nach, er ist nur zehn Jahre älter als ich. Damals kam er mir viel älter vor, aber das ist wohl normal, denn wenn man Kind ist, sind alle Erwachsenen ziemlich alt.

Wir stehen mitten in der Menge und sehen zu, die Herzdame lehnt an einer Laterne. Ein junger Mann schiebt sich durch die Menge und direkt auf uns zu, er geht an der Herzdame vorbei und raunt ihr zu: „Du siehst aus wie aus Matrix.“

Das ist jetzt sieben Tage her, und sie denkt immer noch darüber nach.

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Sondervögel und Grüße

Donnerstag, der 14. September. Noch ein Morgen auf Helgoland. Die Postkarte vor dem Fenster ist von schwer zu beschreibender Schönheit und Ruhe, ich sehe mir das lange an, statt zu bloggen, wie so ein disziplinloser Urlauber. Schlimm.

Die Durchmischung der Bekleidung der Menschen vor dem Fenster wird krasser, denn es sind nur noch 14 Grad, es ist also herrlich frisch und etliche frühe Spaziergänger tragen nun schon das dicke Outdoorzeug der dunklen Jahreszeiten, aber einige kommen auch weiterhin in Badesachen zum frühen Besuch Strand, ein Handtuch über den Schultern, und steigen stoisch mal eben in die Nordsee. Wassertemperatur etwa 18 Grad.

Immerhin drei Sondervögel habe ich diesmal auf Helgoland gesehen, womit ich solche meine, die ich nicht bestimmen kann, weil sie nicht zu den üblichen Verdächtigen zählen, also keine Amsel, kein Spatz und keine Kohlmeise etc. sind, was man so vom Balkon kennt. Ein äußerst merkwürdiger Wasservogel war dabei, eine Art langbeinige Magerente, zwei seltsame Singvögel, und ich habe mir natürlich nicht genug von ihrer Erscheinung merken können, um sie hinterher sicher bestimmen zu können. Wer sich für Vögel interessiert – auf Helgoland kann man alle Rekorde der Beobachtung brechen, mehr durchziehende Arten kommen kaum irgendwo in Deutschland vor, las ich. Aber man müsste wohl etwas länger dort sein, um dergleichen in Ruhe betreiben zu können, und man müsste auch etwas Ausrüstung dabeihaben, und damit möchte ich gar nicht erst anfangen. Bloß keine Interessen entwickeln, die eine Ausrüstung erfordern, ganz wichtige Finanzregel.

Ich hätte vermutlich kein Problem mit einem längeren Aufenthalt auf der Insel, ich würde dort schon wochenlang klarkommen, aber ich sehe nicht, dass der Alltag mich in absehbarer Zeit lässt. Es ist ein wenig schade, denn man könnte heutzutage auch von der Insel aus arbeiten, das wäre mittlerweile kein Problem mehr. Aber es sind genug andere Probleme nachgewachsen, kaum dass dieses gelöst wurde.

Eine Touristin schreibt mit dem Fuß in den Sand am Südstrand: „Schöne Grüße von Helgoland“, ganz groß schreibt sie es, fototauglich, und dann steht sie einen Moment davor und denkt nach. Dann macht sie den letzten Buchstaben schnell wieder weg, schreibt ihn neu, dreht ihn um: „Schöne Grüße von Helgolanb.“ Und steht wieder davor und guckt und denkt, und fragt schließlich ihre beiden Begleiter, wie dieser Buchstabe denn richtig sei? Der sehe doch komisch aus? So oder so?

Ihre Begleiter lachen, aber ich verstehe das, und ich nehme an, die meisten Schreibenden werden es kennen, dass irgendetwas auf einmal komisch aussieht, falsch vielleicht, merkwürdig auf jeden Fall, ungewohnt, obwohl man es doch schon tausendmal geschrieben und gelesen hat. Man tippt etwas und sitzt dann davor und guckt und staunt, heißt es Magarine oder Margarine, man weiß es eigentlich, man hat es immer gewusst, aber jetzt ist es weg, der eine Buchstabe sieht auf einmal obskur aus und beide Wörter wirken kurz darauf komisch, wenn man sie nur lange genug anstarrt. Sie lösen sich aus jeder Sinnhaftigkeit, heißt das Zeug denn überhaupt so und kann man nicht vielleicht an dieser Stelle einfach Butter schreiben.

Ob also b oder d, wenn man die Buchstaben mit dem Fuß schreibt und sie sich so ähnlich sind und man sie nur lange genug anstarrt, da kann man schon einmal durcheinanderkommen, ich fühle das in aller Deutlichkeit mit. Ich nicke der ratlos lachenden Frau freundlich zu.

Schöne Grüße jedenfalls, die Kernbotschaft kommt doch an.

Die Kaimauer am Hafen von Helgoland, Blick aufs offene Meer, ein sehr graublaues Bild

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