Gründlich weg

Mittwoch, der 13.9., nachmittags. Wir fahren rüber zur Düne vor Helgoland, wir gehen die große Runde über das kleine Inselchen, und das klingt nur wie ein Widerspruch. Auch kleine Inseln reichen manchmal für große Runden, man muss nur langsam genug gehen.

Das ist etwas, das Tagestouristen entgeht, dieser Dünenausflug. Er ist bei einem Kurzaufenthalt nicht zu schaffen, ist aber doch die wichtige Steigerung zu Helgolands Abgeschiedenheit, denn man ist hier, wenn man mit der kleinen Fähre kaum zehn Minuten hinübergefahren ist, noch weiter draußen als ohnehin schon, noch nennenswert entrückter. Und man kommt auch, das ist für das Gefühl wichtig, nicht mehr so leicht zurück. Man müsste immerhin erst mit zwei Fähren fahren, um das Festland wieder zu erreichen, jedenfalls wenn man nicht gerade in dieses winzige Flugzeug steigen möchte, das regelmäßig von der Düne abhebt, von diesem Miniaturflughafen dort. Aber ich fliege ja ohnehin nicht, weil Umwelt.

Nein, man ist weg, gründlich weg.

Ein angespülter Fender am Strand der Düne vor Helgoland

Und auch auf der Düne gibt es dann auch noch einmal eine abgewandte Seite, weg von allem, wo kaum noch Leute sind, kaum Spaziergänger, weil die Attraktionen nicht dort sind, das Restaurant nicht, der Spielplatz nicht, dabei ist eben das doch die Attraktion. Da also stehen und aufs Meer sehen, das ist es. Das fühlt sich jedes Mal seltsam romanhaft an, und wenn ich in diesem Leben noch einmal wirklich große Beschlüsse fassen müsste, ich würde es gerne dort tun wollen, genau dort. Ich könnte die Stelle im Sand markieren, die ich meine.

Allerdings lieber nicht neben dem Mann, der da vorne gerade in der Brandung steht, der überhaupt nichts anhat und die Beine weit spreizt, die Arme auch, der die Hände dann zum Himmel hebt, als würde er geneigte Göttinnen oder in den Wellen aufschäumende Meergeister anrufen, und der dann lange so stehen bleibt, mitten in den Wellen, im Wind, den Kopf nach hinten geworfen, den Blick in den Himmel gerichtet. Also der kann da selbstverständlich machen, was er will, der Naturanbeter, es ist ein freies Inselchen, aber ich finde es doch etwas ablenkend. Ich muss immer diesen Mann ansehen, dabei geht es hier doch um die Nordsee, um das Grau, das Blau, die Wolken, den Himmel, den Horizont und auch um die Robbe, die sich vor uns an Land wälzt. Es ist eine Robbe, kein Seehund, das immerhin gibt mehrjährige Helgolanderfahrung als Learning her. Ich kann das mittlerweile sehen.

Wir gehen am Friedhof der Namenlosen vorbei und läuten dort die große Glocke („bitte nur einmal läuten“, für jedes Hinweisschild gibt es einen Grund). Der Friedhof für die aus dem Meer, welche, so steht es auf einem anderen Schild, hier wenigstens Ruhe finden und kein weiteres Leid.

Das Holzschild mit dem Hinweis zum "Friedhof der Namenlosen" auf der Düne vor Helgoland

Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich bei unserem ersten Besuch der Insel, 2009 war das, dort noch nicht vor den Erinnerungstafeln auch an Menschen im Mittelmeer gedacht habe, an die Angetriebenen anderswo. Heute kann man kaum anders. Wie könnte man sie nicht mitdenken, wenn man dort steht, wie könnte man die Nachrichten und Bilder nicht im Sinn haben.

Man sieht hier aber noch, ganz deutlich sieht man es, wie wir den Tod im Meer vor nicht allzu langer Zeit wahrgenommen haben, also mit Respekt, Furcht und Erschauern. Das hat sich so gehört, in jener Zeit.

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Ruhe, Frühstück

Ruhe, Frühstück

Mittwoch, der 13. September. Tiefhängende Wolken über Helgoland, freundliches Licht für den Freundeskreis Graublau, sachte Brandung, eine träge liegende Nordsee. In den auslaufenden Wellen am Südstrand steht ein Reiher. Am Horizont draußen zwei Schiffe, nicht genau zu erkennen. Vor dem Balkon gehen Offshore-Windkraft-Techniker zur Arbeit, rauchend und redend. Ein Jogger läuft vorbei, er trägt eine signalrote Wollmütze. Seine federnden Schritte sind kaum zu hören, überhaupt ist alles leise, wie beeindruckend leise alles ohne Autos ist, ohne diesen Wahnsinnsstress, denn wir uns jederzeit durch den Verkehr antun. Was es an Druck herausnimmt, wenn nicht alle motorisiert, beschleunigt und in Stahl verpackt sind.

Ab und zu nur ein vorbeisurrendes Elektrowägelchen, der Gepäcktransport für die Touristen. Handwerker mit Bollerwagen voller Werkzeug. Unten aus dem Hotel Frühstücksgeklapper, Teller und Tassen, irgendwann doch der ferne, gedämpft herüberbrummende Motor der gerade ablegenden Dünenfähre und später auch noch etwas Baulärm vom Hafen her. Aber kein Vergleich zum Dauerlärm in Hamburg, den ich sowohl im kleinen Bahnhofsviertel als auch in Hammerbrook jederzeit um mich habe. Es fehlen auch meist die Menschen im Bild, die es offensichtlich wahnsinnig eilig haben, die rennen, hasten, jagen, sprinten … man geht hier meist einfach nur, wenn man nicht gerade meint, joggen zu müssen.

Eine Mole am Hafen von Helgoland

Die Herzdame und ich frühstücken im Hotel und überlegen, wann und auf welcher Reise wir das zum letzten Mal gemeinsam gemacht haben. Es ist Jahre her, und vielleicht war es auch auf Helgoland, ich komme schon nicht mehr darauf.

Beim Frühstück sind fast alle älter als wir, und es ist wiederum keine repräsentative Stichprobe, aber aus diesen Szenen um mich herum könnte ich ableiten: Die Alten, die Damen und Herren jenseits der 80, die haben ein feines Benehmen und sind ausgesprochen höflich und rücksichtsvoll. Die aber, die vermutlich gerade erst Rentnerinnen geworden sind, denen gehört ganz offensichtlich die Welt, und das merkt man ihnen auch deutlich an. Fordernd, kritisch, nörgelnd, drängelnd, gierig, sehr darauf bedacht, alles, aber auch wirklich alles zu bekommen für das Geld. „Laktosefrei kennen Sie hier wohl nicht, was?“ Eine Herablassung und latente Aggression in der Stimme – ich staune beim Zuhören.

Nein, es ist wirklich nicht repräsentativ und schon am nächsten Morgen könnte es auch anders zugehen (ging es dann aber nicht). Es ist nur ein steter Verdacht, dass man es hochrechnen könnte, was man so sieht, und wenn es so sein sollte, dann muss in den paar Jahrzehnten zwischen diesen beiden Altersgruppen etwas passiert sein, was nicht gut war, was nicht bekam.

Na, egal. In zehn Jahren kann dann gerne jemand kommentieren, wie meine Truppe sich beim Hotelfrühstück benimmt, versteht sich. Ich stehe dann im besten Fall zur interessierten Beobachtung zur Verfügung.

Der Südstrand von Helgoland in graublauem Morgenlicht

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Speziell normal

Speziell normal

Sowohl die Herzdame als auch ich haben auf Helgoland viel gefilmt, also für unsere Verhältnisse. Sie können das in den Instagram-Accounts bei ihr und mir sehen. Wobei sie übrigens auf Instagram nennenswert mehr Erfolg hat als ich, wenn man das nach bloßen Klickzahlen beurteilen möchte. Sie hat hier im Blog, wenn sie einmal etwas schreibt, auch zuverlässig mehr Leserinnen als ich, also genau genommen VIEL mehr. Ich halte ihr eigentlich nur dauerhaft das Blog warm, bis sie wieder einmal kurz auftritt und abräumt.

Ab und zu überkommt es mich jedenfalls doch einmal, und ich denke plötzlich, dass Reels, Storys oder ähnliche Formate genau richtig und auch dringlich sind, zumindest jetzt gerade, am besten sofort, und ich kann dann intensiv viel Zeit damit verbringen und stundenlang Motive suchen, die ich auch prompt überall sehe, ich kann hundert Songs für den Soundtrack probehören und an den tausend spaßigen Einstellungen in den Apps dort bis zum Umfallen herumspielen, ganz so, als sei es eine hochwichtige wissenschaftliche Arbeit oder ein seröses To-Do für die Bewältigung eines fordernden Jobs.

Und ich verstehe in diesen Situationen nicht recht, wieso ich das sonst nicht mache. Ich weiß aber auch, dass diese Lust am Clip oder überhaupt am Bild in wenigen Tagen schlagartig wieder vorbei sein wird, dass es dann Wochen oder Monate ohne jedes Bewegtbild von mir geben wird. Ich werde dann nicht einmal mehr Motive für so etwas sehen, nirgendwo.

Und ich ahne auch, dass ich bei weiterer und näherer Beschäftigung mit dem Thema schnell vollkommen lost wäre, aus dem Loch gäbe es für mich bei dauerhafter Beschäftigung, über Anfälle hinaus, vermutlich so leicht kein Entrinnen mehr. Es ist sicher gut, dass die Phasen eher kurz sind.

Aber wenn ich jetzt etwas Schönes sehen würde – ich könnte schon wieder.

Blick von der Landungsbrücke aus auf die Hummerbuden

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Es gibt auf Helgoland eine Sparkasse, es gibt eine kleine Klinik, es gibt Ärzte und gleich mehrere Edeka-Märkte und dann sogar noch einen für Drogerie-Artikel. Es gibt eine Schule, eine Bücherei, eine Apotheke, es gibt noch diverse andere Läden und auch reichlich Gastronomie und natürlich überhaupt alles, was Touristen so erwarten. Wenn man längere Zeit dort ist, kommt man also eine Weile gut klar, wenn man nicht gerade sehr spezielle Dinge oder Dienstleistungen benötigt, die es nur auf dem Festland gibt. Es ist auf der Insel alles fußläufig erreichbar, es ist alles nur eben um die Ecke oder vielleicht eine Treppe weiter.

Im Heimatdorf der Herzdame in Nordostwestfalen dagegen, der Vergleich bietet sich wegen der Einwohnerzahl an, hat gerade der Bäcker geschlossen, und auch die Apotheke ist bald endgültig zu, las ich neulich. Gastronomie irgendeiner Art gibt es schon eine ganze Weile nicht mehr, auch sonst keine Läden des täglichen Bedarfs und mit der medizinischen Versorgung sieht es denkbar schlecht aus, wenn man nicht gerade ein Pferd oder eine Katze ist. Es ist ein fast komplett totes Dorf, was die Infrastruktur der Versorgung für den Alltag betrifft, abgesehen von zwei Kaugummiautomaten mit historischer Anmutung. Es gibt eine lebendige Dorfgemeinschaft, aber das hat nicht geholfen. Um auf dem Land dauerhaft autofrei klarzukommen, um einen lebendigen Ort darzustellen, müssten Dörfer wie Helgoland ausgerüstet sein, also wie sie es früher auch waren, fast überall. Ein Laden, ein Bäcker, eine Ärztin, eine Apotheke, eine Schule, man kann das in jedem Roman aus dem letzten Jahrhundert nachlesen.

So ist diese Insel einerseits ein auffälliger Spezialfall in nahezu jeder Hinsicht, sie ist andererseits aber auch eine Erinnerung, wie Siedlungen früher funktioniert haben, und zwar im Normalfall.

Man geht raus und kauft ein. Der Laden ist klein, die Auswahl ist überschaubar, aber man kommt zurecht und man trifft nebenbei die halbe Nachbarschaft, was gesellschaftlich auch nicht unwichtig ist, und dass man das alles autofrei erledigt, es wirkt auf Helgoland seltsam selbstverständlich, denn es geht eben nicht anders. Und wenn es nicht anders geht, dann findet man Möglichkeiten, damit umzugehen. Darüber liest man vermutlich so weg, aber es ist doch ein wichtiger Umstand, glaube ich.

Im Heimatdorf der Herzdame hat man sich mit viel Einsatz große Mühe gegeben, dieses Absterben der Infrastruktur aufzuhalten, aber es ist nicht gelungen. Es scheint sehr speziell zu sein, abseits von kleinen Inseln ein normales Dorf sein zu wollen, und mir ist nicht klar, ob wir das überhaupt wieder herstellen können oder auch nur ernsthaft wollen. Also abseits der Inseln.

Die Landungsbruecke auf Helgoland im Abendlicht

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Und jetzt waren wir auch hier

Wir gehen auf das Helgoländer Oberland, welches von dem Unterland, in dem es in den knappen Stunden der Tagestouristen immer etwas trubelig zugeht, nur ein paar Höhenmeter entfernt ist, auf dem man aber doch schlagartig in einer anderen Welt ist, weit draußen, abgelegen, entrückt. Es ist eben unweigerlich beeindruckend, auf einer hohen Klippe am Rand der Welt zu stehen und zu fühlen, wie da der gewaltige Wind vom Meer her ankommt, mit einer Intensität, Frische und Schärfe, die man auf dem Festland gar nicht kennenlernen kann. Ein Gefühl wie auf hoher See, und da ist man ja auch.

Wenige Menschen gehen dort oben herum, und die, welche man doch trifft, sind oft hochkonzentriert und beachten einen nicht oder kaum, weil sie mit enormen Geräten Vögel fotografieren oder beobachten und dafür auf der Lauer liegen, stundenlang wohl. Oder weil sie zu zweit oder mit niemandem sonst allein sind, versonnen herumgehen und auf ganz andere Gedanken als sonst kommen, das kann man an solchen Orten auch erwarten. Es kommen einem manchmal, und ich kann mit großer Sicherheit sagen, dass das sonst selten passiert, still lächelnde Menschen entgegen. Sie haben vielleicht gerade lange am Klippenrand dem Segelflug der Basstölpel zugesehen, so etwas tut gut. Oft wird sogar gegrüßt, was einigermaßen amüsant ist, da das im Unterland niemandem einfallen würde, und es ist doch nur ein paar Treppenstufen entfernt. Hier oben ist es anders, hier ist alles anders.

Wir gehen auf die höchste Erhebung, zu dem Gipfelkreuz mit dem Gästebuch, das, so sehen wir, erstaunlich fleißig vollgeschrieben wird. Wir fragen uns, was wohl mit den vollgeschriebenen Büchern gemacht wird, ob es ein Archiv dafür gibt, es müsste schon recht groß sein, einige Regalmeter. Oder ob die nach Gebrauch einfach entsorgt werden? Das aktuelle Buch ist wenige Wochen alt und so gut wie voll. Jemand wird ab und zu nachsehen, ob schon wieder eines nachgelegt werden muss, was ist das für eine faszinierende Aufgabe. Irgendwer hat das in der Stellenbeschreibung, ein netter Gedanke.

Eine Frau steht auch gerade da, als wir im Buch blättern, sie sagt leise: „Und jetzt waren wir auch hier.“ Sie sagt es ohne diesen Triumph, den man sonst oft bei diesem Satz von Touristen hört, dieses „Wir haben es geschafft, gemacht, geleistet, erreicht, abgereist“, es ist nur eine schlichte Feststellung, und sie sagt sie mehr zu sich selbst als zu uns und sieht dann lange zum Horizont. Einige Schiffe liegen oder fahren weit draußen, man kann sie gerade noch erkennen.

Die Vögel kreisen rufend über uns. Diese großen Seevögel, die man sonst nie sieht, und es ist wunderbar, ihnen zuzusehen. Jedenfalls wenn man nicht zu genau hinsieht, denn dann sieht man in den Felsen, an denen sie brüten, die Reste der Fischernetze aus Plastik, die sie unweigerlich zum Nestbau verwenden, und in denen sie sich dann oft heillos verheddern und sterben. Über Kopf hängende Trottellummen, halb verwest, wie ein Mahnmal im Fels. Man muss schon bemüht darüber hinwegsehen und noch einmal in den Himmel, aus dem immer wieder Basstölpel herabkommen, mit ihren tiefen Landeanflusgsrufen.

Am Klippenrand sehen wir die Hinweisschilder, Vogelgrippe, Vogelpest. Unbeschwert kommt man auch hier nicht mehr längs, natürlich nicht, unbeschwert gibt es nicht mehr.

Und doch tut es gut, wieder dort zu sein. Schon während ich schreibe, könnte ich gleich noch einmal los, ich bin ohnehin viel zu selten da.

Der letzte Besuch lag vor der Pandemie, und wie lange ist das denn her.

Blick auf die Lange Anna vor Helgoland

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Währenddessen in den Blogs

Reisebericht Bornholm. Da vielleicht auch mal hin.

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Eine Erklärung zur Bewegung in den sozialen Medien Richtung Bluesky, die vermutlich zutreffend ist, so scheint es vielen zu gehen, auch wenn im Text Lehrerinnen gemeint sind. Es begeistert mich ganz und gar nicht, wie das läuft, aber gut. Es ist dann wohl so. Ich würde nur nicht allzu sehr darauf vertrauen, dass es dort so lauschig bleibt, wie es gerade allgemein empfunden wird. Nein, tatsächlich halte ich diese Erwartung für geradezu unfassbar naiv.

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Ferien auf Sagrotan (das kriege ich jetzt nie wieder aus dem Kopf). Und im gleichen Blog noch etwas zum Reisen an sich. Und hier noch Urlaub mit Erinnerungen.

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Bei der Kaltmamsell der letzte Absatz zu Wissenschaftsleugnern und Käse. Jo.

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Big ugly Parteien. Aber wem erzählen wir das. Sie und ich wissen es eh, der Rest liest es nicht.

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Es gibt Fisch

Weiterhin Dienstag, der 12. September. Gleich nach der Ankunft auf Helgoland (der Katamaran aus Hamburg legt jetzt vor den Hummerbuden an, nicht mehr im zumindest für Helgoländer Verhältnisse abgelegenen Südhafen, die Wege ins Ortszentrum des Unterlands sind dadurch viel kürzer geworden) bringen wir die Koffer aufs Zimmer mit Aussicht, sehen einen Augenblick hinaus und sind angemessen beeindruckt, denn das Licht, das Meer, die Wolken, der rotweiße Leuchtturm auf der Düne, wie Bilderbuch kann das alles denn sein. Es sieht ein wenig unwirklich aus, ausgedacht von Kulissenbauern für ein Stück mit maritimem Charakter. Und wie gut haben sie das hinbekommen.

Dann essen wir Fish and Chips an den blauen Hummerbuden. Für ein Imbissessen ist das hervorragend, es ist gar kein Vergleich zu dem, was ich etwa in Hamburg in der Innenstadt bekomme, es ist Klassen darüber. Die alarmierenden Warnungen des Imbissbudenpersonals vor den lauernden Möwen sind allerdings tatsächlich so eindringlich, und sie sehen dort so ernsthaft besorgt über die Schultern der Touristen in der Schlange vor ihnen immer wieder nach oben, dass man nach einer Weile geneigt ist, die Ermahnungen lieber ernst zu nehmen. Vermutlich werden sie da auch nicht ohne Grund jedem Gast einen Schirm ausleihen, um ihn beim Essen über sich halten zu können. Es wird gewisse Erfahrungswerte geben, und dann noch dieses Schild, „Deutschlands gefährlichste Fischbude“… Okay.

Die Gäste sehen daher etwas verunsichert immer wieder nach oben und behalten die Möwen, die im Moment eher vollkommen desinteressiert wirken und unverbindlich in das reichlich vorhandene Blau des Himmels starren, genau im Blick. Die essenden Menschen ziehen ihre Schultern hoch, schirmen die Pommes ab und gehen schon in Abwehrposition, wenn der eine Vogel auf dem Dach der Hummerbude da nur mal eben gelangweilt die Flügel weit ausstreckt, wie um sich sportlich zu dehnen, denn man weiß ja nicht, man weiß ja nicht, und hast du gesehen, wie die Möwe dahinten die Frau im Flug gerade angerempelt hat? Ist man schon einmal von einer Möwe angerempelt worden, wo gibt es denn so etwas bitte. Die Warnungen gehen in Wellen von Gruppe zu Gruppe und von Tisch zu Tisch.

Neulich übrigens bin ich im Garten von einer verwirrten Libelle angerempelt worden, und auch das ist schon ein erstaunlich spürbares Vorkommnis. Man rechnet nicht damit, dass man ein Insekt so überdeutlich fühlt, aber eine Libelle hat in vollem Flug schon etwas Kawumm. Na, sagen wir, sie hat immerhin ein Kawümmchen. Es war jedenfalls ein befremdliches Gefühl und ich denke, ein Zaunkönig etwa hat kaum mehr Einschlag, wenn er einen im Fehlflug am Arm treffen würde. Aber das nur am Rande.

Es wird also auf die Möwen gezeigt und es wird erzählt, das hat auf der Insel auch eine schöne Tradition, wie literarisch interessierte Menschen sofort parat haben. Viele wissen Geschichten von anderen Orten und anderen Möwen, in Rostock damals! Weißt du noch! Auf Usedom! Da könnten wir uns sogar anschließen, da hat eine Möwe Sohn II einmal in den Finger gebissen, oder war es doch der andere Sohn. Ich habe längst die Phase erreicht, in der ich die Erinnerungen aus der Kleinkindzeit nicht mehr korrekt zuordnen kann. Oder auf Sylt im letzten Sommer, auf Amrum!

Aber welche Möwenart das nun eigentlich ist, da auf dem Dach der Bude, dieser riesige Vogel da, ob Silber, Lach, Sturm, Mantel, Hering oder was, das weiß kein Mensch, buchstäblich kein Mensch, und es ist im Moment auch keine rettende Biolehrerin oder ein Vogelfreak, wie sie auf Helgoland sehr häufig vorkommen, in Sicht. Jemand sieht auf dem Handy nach, vergleicht Fotos und Wirklichkeit und sagt dann kopfschüttelnd: „Ich weiß nicht, ich sehe das nicht.“

Dann wieder vom Fischbrötchen abbeißen und kauen und sofort noch einmal vorsichtig hochsehen. Man könnte hier mit dem Handy die ganze Zeit Clips aufnehmen, die gewisse Hitchcock-Vibes hätten. Diese ängstlich besorgten Blicke nach oben, die in kalter Berechnung herabsehenden Vögel. Großes Kino gleich in der ersten Stunde auf der Insel.

Und sollte das alles nur inszeniert sein, um das Erlebnis zu verbessern, was ich allerdings nicht im Ernst annehme, es wäre ein ungeheuer gelungener Marketing-Spaß und mir sehr sympathisch.

Nur Minuten später weiß ich allerdings – nein, es ist wirklich kein Spaß und eine Möwe, die im Sturzflug und mit gnadenlosem Killerblick auf einen zukommt, sie ist am Ende doch besser als gar kein Abenteuer. Man ist geneigt, ihnen das Essen freiwillig zu geben, es ist ein wenig wie bei bewaffneten Raubüberfällen in der Großstadt.

Wir gehen unter den kalten, ernsten Blicken der Möwen weiter. Sie haben einen verbittert humorlosen Gesichtsausdruck wie Sam, der blaue Adler aus der Muppetshow damals, allerdings nehme ich an, sie sind nicht so konservativ wie er. Sie sind wohl eher bei den Piraten zu verorten.

Wir gehen durchs Mittelland aufs Oberland und dort die übliche weite Runde zu den Trottellummen und Basstölpeln. Dazu demnächst mehr.

Blick über die roten Felsen von Helgoland

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Weiße Klippen, blaue Vögel

Dienstag, der 12. September. Das Problem beim Reisen ist auch, dass ich dann zu viel schreiben kann. Wir fahren drei Tage nach Helgoland, das ist im Grunde keine romanfüllende Weltreise, aber wenn ich mich gehenlassen würde … dann eben doch. Wobei mir am Ende, versteht sich, die Zeit fehlen würde. Da ab dem Moment des Kofferpackens dieser Sprung aus dem Alltag stattfindet, in dem man auf einmal wieder Aufmerksamkeit für alles hat, jedes Detail registriert, alles bemerkenswert findet und dermaßen auf Empfang ist … ich habe am ersten Tag nicht einmal Notizen gemacht, ich kam mit dem Denken einfach nicht mehr hinterher.

Wäre ich Reiseschriftsteller, was in meinem Fall in Ermangelung chronischen Fernwehs eine einigermaßen absurde Berufsvorstellung ist, ich könnte wohl nur Stop-and-Go-Reisen machen, einen Tag unterwegs sein und hinsehen, einen Tag irgendwo im Zimmer bleiben und dann darüber etwas schreiben, es wäre ein krasser Fall von Slow-Travelling.

Restliches Packen am Morgen jedenfalls. Mit der S-Bahn fahren wir durch eine Stadt im Frühdunst zu den Landungsbrücken. Über der Elbe wabert es, die Hafenbebauungen sind heute freundlich unscharf gestellt und werden erst langsam klarer, während wir auf dem Katamaran nach Helgoland einchecken und das geringe Gepäck abgeben. Es wird nicht sehr voll auf den Decks, die meisten Gäste werden erst später in Cuxhaven zusteigen.

Fluss und Luft haben etwa die gleiche Temperatur. Es sind die Tage, an denen die Hitze für dieses Jahr endet, aber es ist noch spätsommerlich warm, die Stadt glüht nach. Die Farbtöne über der Elbe sind heute besonders geschmackvoll gewählt, ein ausgesprochen freundliches Grau mit einem hellblau angedeuteten Versprechen auf späteres Aufklaren. Man kann den Stand der Sonne schon ahnen, wenn man über die wehenden Wimpel der Schiffe nach oben sieht, aber sie hält sich noch zurück.

Blick über die Elbe Richtung Elphie, vom Deck des Katamarans nach Helgoland aus aufgenommen

Die Fahrt ist ruhig, der auffrischende Wind und das Eintreffen der Kaltfront wurden gerade noch um einen Tag verschoben, es soll uns recht sein.

Wir haben auf der Insel ein Zimmer mit Aussicht auf die Düne im Hotel Rickmers Insulaner, und ich muss den Bezug vielleicht kurz erklären. Das ist hier keine bezahlte Werbung, aber ich habe mit den Betreibern sowohl privat als auch geschäftlich zu tun, ich bin da also auch nicht zufällig. Und es gibt auf Helgoland, Stammleserinnen wissen es seit Jahren, ein Hotelzimmer, das unfassbarerweise nach mir benannt wurde. Wenn Sie im Hotel auf den Hummerklippen nächtigen, können Sie ganz im Ernst das Buddenbohm-Zimmer buchen (es hat einen fantastischen Ausblick), was mir immer noch wie ein besonders attraktiver Literaturpreis vorkommt. Ja, andere haben berühmte Auszeichnungen, schon klar, aber ich habe – hey, ein Zimmer. Wie toll ist das denn.

Blück über den Südstrand auf die Düne vor Helgoland

Zwischendurch haben wir kurz Kontakt mit Sohn II, der gut in England angekommen ist, sozusagen eine Insel weiter, via Dover. Ich denke dauernd an die weißen Klippen, seit ich von seiner Reiseroute weiß, und ich habe von unserem Zimmer aus Blick auf die Fähre zur Düne, sie heißt „Witte Kliff“, ich gehe später an einem Haus vorbei, das ebenfalls „Witte Kliff“ heißt, und ich höre dann eine Weile lang Vera Lynn in Dauerschleife. Den Zeichen im Alltag immer folgen.

In der Wikipedia sehe ich noch den Hinweis, dass die Bluebird aus der ersten Zeile des Liedes in Großbritannien gar nicht heimisch sind, der amerikanische Autor der Lyrics hat es vielleicht nicht gewusst. Aber wer wird es so genau nehmen, in einem gewissen Licht sind fast alle Vögel blau.

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02:30

Montag, der 11. September. Ein ausgesprochen schwieriger Morgen nach nahezu komplett schlafloser Nacht, da ein Sohn auf eine Klassenfahrt geht, die um 02:30 startet. Kann man so etwas bitte verbieten, es kostet hier zwei Erwachsene eine Nacht und damit quasi einen Werktag, den ich jetzt nämlich in einem Zustand durchleben muss, als hätte ich wüst feiernd durchgemacht, meine Güte. Ich hatte schon ganz vergessen, wie sich das anfühlt, aber es fällt mir jetzt doch wieder ein. Ein heruntergedimmtes Denkvermögen wie bei schlimmstem Kater, wobei ich einen solchen seit etlichen Jahren nicht mehr hatte. Lange ist es her und ich vermisse es nicht.

02:30 jedenfalls. Was erlauben Schule! Aber Hauptsache, die Kinder, nein, die Teenager haben Spaß, schon klar, es sei ihnen auch alles von Herzen gegönnt, ich freue mich für sie. Für das begleitende Lehrpersonal, stelle ich mir vor, ist das allerdings auch kein reines Vergnügen.

Es geht nach England, mit der Fähre von Calais to the white cliffs of Dover, nach England, wo sie so seltsames Geld haben, das war im Vorwege schon Thema. Gute Güte, andere Scheine und Münzen! Die spinnen, die Briten.

Um 4:00, nachdem wir endlich wieder eingeschlafen waren, dann eine Schlägerei mit filmreifen Geräuschen (*smack*, *batsch*) vor unserem Haus, es ist alles wieder sehr vergnüglich in diesem so besonders beliebten Stadtteil.

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Ich sehe in den Timelines, dass viele Erinnerungen an 9/11 geteilt werden, da wir alle, die wir es bewusst erlebt haben, noch wissen, was wir zu dem Zeitpunkt gemacht haben, als wir es damals erfahren haben. Oder fast alle. Und so viele Ereignisse mit dieser Wirkung gab es gar nicht, über mein ganzes Leben gesehen. Es mag heute vielleicht überraschen, nehme ich an, dass Dianas Tod für viele ein anderer dieser Momente war.

Bei 9/11 war ich in einem stundenlangen Meeting im Büro, wir verhandelten zu dritt, zäh und mühsam, es war kein gutes Gespräch. Mein damaliger Chef war kurz vorm Durchdrehen, weil er im Büro des Oberchefs nicht rauchen durfte. Der Mann war ohne Zigaretten schnell in höchster Not, er war Gauloises-Kettenraucher in der heftigsten Ausprägung, Pariser Taxifahrer nichts dagegen. Und es zog und zog sich alles, die Argumente kamen im Kreisverkehr immer wieder vorbei, immer noch eine Runde und noch eine. Nach dem vollkommen ergebnislosen Meeting gingen wir aus dem Büro, so erinnere ich es, und würde mich übrigens nicht wundern, wenn es anders war, denn das Gedächtnis lügt wie ChatGPT, und die Büros und Flure waren sämtlich leer. In dem Stockwerk, in dem wir waren, und auch in dem darunter. Es war in diesem Moment schon eine dystopische Situation, denn es konnte einfach keine vernünftige Erklärung dafür geben, es war mitten am Tag.

Es waren dann alle unten im großen Konferenzraum, vor dem einzigen Fernseher weit und breit. Niemand sagte etwas, nur die Stimmen und Bilder aus dem Gerät, und alle sahen dahin. Lange.

Mein Chef hatte später am Tag einen Nervenzusammenbruch. Es gab niemanden, der das nicht verstanden hätte.

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Schreiben, Lesen, Gucken, Denken

Sonntag, der 10. September. Ich sehe den Rest der Doku über die Country-Musik auf arte, so viel habe ich lange nicht mehr am Stück gesehen. Die Herzdame ist den ganzen Tag im Garten, die Söhne sind Gott weiß wo, wie es sich in dem Alter gehört. Ich bin fast den ganzen Tag allein in der Wohnung und ich liebe es. Schreiben, Lesen, Gucken und Denken, fast planlos, fast zeitverschwendend. Lange zuhören, wie eine Kohlmeise auf dem Balkon in emsiger Arbeit eine Erdnuss perforiert, es ist ein allerliebstes Geräusch.

Mir fehlen solche Tage sehr, und ich denke zwischendurch, wenn ich nur ein paar mehr dieser Art hätte, ich wüsste doch etwas besser, wer ich bin. Man kommt nicht nur zu nichts, man kommt auch nicht zu sich, das kann man so auf Kalendern verwenden.

Ein exzellenter Tag ist es, nur viel zu heiß, versteht sich, aber irgendwas ist eben immer und ein Ende der Wärmephase ist immerhin absehbar. Ich durchlebe gerade das Finale, und wenn ich es so sehe, dann geht es. Ein, zwei Tage, die schafft man noch.

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Gelesen: Über Over-Tourism in Hallstatt und über das gleiche Problem auf und am Fuji in Japan. Abends gehe ich noch einmal um den Block, und die Außengastro in meinem kleinen Szenebezirk ist voller denn je. Aufgrund des allgemeinen Sommerfinalgefühls kommen alle noch einmal vor die Tür und drängen sich vor den Kneipen und Cafés um kalte Getränke. Vermutlich wird die halbe Stadt von dem beunruhigenden Gefühl umgetrieben, es könnte der letzte Abend sein, der vorletzte vielleicht, es ist die allgemeine sommerliche Torschlusspanik. Ich habe übrigens sehr, sehr lange gedacht, es hieße Torschusspanik. Ich habe das immer falsch gehört, viele Jahre lang, kam dabei aber auch zu sinnigen Deutungen. Im Wikipedia-Artikel zum Begriff findet man ein historisches Beispiel einer Hamburger Torschlusspanik, guck an.

Egal, man kommt hier jedenfalls an manchen Stellen im Stadtteil kaum noch durch, und die Bilder auf den Straßen passen recht gut, viel zu gut zu den beiden Artikeln.

Außerdem gelesen: In Bov Bjergs Vorweiner, der mir sprachlich sehr gefällt, wie erwartet, und der mich inhaltlich, wie ebenfalls erwartet, komplett überfordert, aber das darf auch einmal sein. Außerdem habe ich etwas in Bukowskis Briefen gelesen und nein, das passt wirklich überhaupt nicht zusammen, aber das macht nichts. Hauptsache Autoren mit B.

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Abgedunkelt abwarten

Sonnabend, der 9. September, ich bin fast wieder in der Gegenwart mit dem Blog, nur ein bescheidener Zweitagepuffer bleibt noch als Denkabstand zum Geschehen.

Nachdem ich gestern so begeistert von der Roberta-Flack-Doku auf arte war, habe ich heute dort mit der neunteiligen Serie über Country-Musik weitergemacht, hier die erste Folge mit der Carter-Family und Jimmy Rodgers als Anfang von so ziemlich allem. Sehr gerne gesehen, und wieder viel gelernt. Man muss kein Country-Fan sein, um das sehen zu wollen, es gibt genug Querverbindungen in andere Genres, es ist einfach Kulturgeschichte, auch Weltgeschichte. Ich schaffe immerhin die ersten vier Folgen der neunteiligen Doku-Reihe, obwohl ich dafür gar keine Zeit habe, es lockt mich also enorm. Es gibt aber auch fantastisches Foto- und Filmmaterial zu sehen, ich könnte dauernd anhalten und genauer hinsehen oder auf Youtube etc. nach weiteren Aufnahmen der Songs suchen. Aber wo kommt man da hin.

Ansonsten ein Tag zum Abwarten, bei abgedunkelten Fenstern und eingeschaltetem Ventilator. Ich recherchiere für ein Projekt und stelle überrascht fest, dass ChatGPT und andere mir nicht mehr etwa 75% Schrott, Halluzinationen und Lügen liefern, sondern 100%. Es ist tatsächlich alles völliger Unsinn, es sieht aber auf den ersten Blick hervorragend aus, entspricht also vollkommen den erwartbaren Wahrscheinlichkeiten. Aber gar keine gültigen Ergebnisse mehr? Sollten meine Erfahrung übertragbar sein, hat sich die Software in den letzten Monaten schon signifikant verschlechtert. Und da es um ein enges Thema geht, zu dem es nicht viel gibt, also im Sinne von nicht Hunderttausende Treffer, sehe ich auch, dass da nicht etwa breit gesucht wird, sondern nur ein höchst überschaubarer Kreis von Ergebnisseiten durchflöht und dann immer wieder sinnlos umgetextet wird, es läuft wirklich sehr schlicht.

Ich gehe zwischendurch zur Bücherei und lese etwas nach, wie so ein Mensch aus dem letzten Jahrhundert. Ich schreibe etwas aus einem Buch ab und fühle mich ebenso altmodisch wie wohl dabei.

Abends mit der Herzdame ein Bier in der Außengastro am Fluss, damit sind wir in diesem Sommer immerhin zweimal dazu gekommen. Keine schlechte Quote.

Ich sehe nebenbei einen Hinweis auf ein Theaterstück, das mich interessiert, da könnte man doch mal – und damit bin ich dann gedanklich wieder im Herbst, in der nächsten Saison, und ich bin so etwas von bereit.

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